Mit dem Neo hat German RepRap (GRR) einen 3D-Drucker vorgestellt, mit dem man sich zum Preis eines Bausatzes ein Komplettgerät auf den Schreibtisch holt. Der Neo hat ein kleineres Druckvolumen als die typischen preiswerten 3D-Drucker, keine Bedienelemente und kann „nur“ PLA drucken. Und trotzdem hat German RepRap schon in den ersten neun Monaten nach der Vorstellung im Dezember 2013 schon über tausend Stück verkauft, und seither ist das Interesse nicht geringer geworden.
German RepRap wurde 2010 als German RepRap Foundation, Giebels & Bautz GbR gegründet, nicht in der berühmten Garage, aber im Keller. Die ersten Produkte waren der PRotos 3D Drucker als Bausatz zudem wurden Prusa-Bausätze vertrieben. Im Jahr 2012 wurde das Unternehmen im Zuge des Einstiegs eines Investors zur German RepRap GmbH umgewandelt. Äußeres Zeichen der Professionalisierung war der Umzug in Büroräume in Feldkirchen. In dieser Zeit wurde das Seminargeschäft aufgebaut und ein Open-Source basierter 3D-Druckers für die Industrie entwickelt, der im selben Jahr als X400 auf der Euromold präsentiert wurde – damals mit 40 x 40 x 35 cm Druckraum in Deutschland der größte verfügbare 3D-Drucker auf RepRap-Basis. Auf der Euromold 2013 folgte der Neo und damit der Einstieg in eine echte Serienfertigung. Das obere Ende der GRR-Drucker markiert seit der Euromold 2014 der X1000. German RepRap beschäftigt mittlerweile gut 20 Mitarbeiter.
Vor kurzem nun konnte ich nun einen Neo zum Testen ergattern. Angenehm klein wirkt das Gerät schon beim Auspacken. Mit sechs Kilogramm ist er sehr gut zu transportieren, das massive, geschlossene Chassis wirkt so, als ob es den einen oder anderen Rempler abkönne. Auffällig ist das gute Verhältnis von Brutto- zu Netto-Volumen: Der Würfel hat eine äußere Kantenlänge von 330mm, was im Verhältnis zum Druckvolumen mit 150mm Kantenlänge beachtlich klein ist. So klein, dass man ihn tatsächlich auf oder neben dem Schreibtisch aufbauen kann.
Der Neo ist ein kleiner Profi
Und er wirkt im Gegensatz zu vielen angebotenen „Nacktmodellen“ wie dem Velleman K8200 oder auch dem Up angenehm geschlossen und sehr aufgeräumt – einfach kein Bastelgerät, sondern ein Profidrucker. Sämtliche Kabel laufen hinter den Kunststoff-Seitendeckeln und hinten, die Materialrolle sitzt hinten am Drucker und fällt dort auch nicht gleich ins Auge. Eine Energiekette schafft die Verbindung zwischen Gehäuse und Druckkopf, so dass auch hier keine Kabel ins Auge fallen. Auch die Lager und Gewindestangen sind im Gehäuse versteckt.
Die Anzahl der Anschlüsse ist zwei, die der Bedienelemente null – der Neo gibt wenig Rätsel auf bei der Inbetriebnahme. Das beigefügte Notebook-Netzteil anschließen, USB-Kabel einstecken – damit sind die Installationsarbeiten abgeschlossen. Auf der mitgelieferten CD sind neben einigen Beispielen und der Anleitung Treiber für Apple-Rechner und eine Windows-Installationsdatei enthalten. Hier fiel mir eine kleine Unstimmigkeit beziehungsweise missverständliche Formulierung in der Anleitung auf: Ich habe bereits eine aktuellere Version der Repetier Host-Software installiert, die zum Vorbereiten der Druckdateien und zur Ansteuerung des Druckers genutzt wird, und suchte zunächst nach den im Handbuch genannten Treibern für die Steuerung.
Am Ende installierte ich doch die GRR-gebrandete Repetier-Version und dabei wurden dann auch die Treiber automatisch mitinstalliert. Also immer erst einmal die beigelegte Software installieren, diese lässt sich dann jederzeit auf die aktuelle Repetier-Version updaten. Repetier Host ist eine Open Source-Software, die im RepRap-Bereich weit verbreitet ist. In Repetier platziert man importierte STL-Dateien im dreidimensional abgebildeten Druckraum und startet dann den Prozess des Slicens, also der Berechnung der Ebenen, in denen gefertigt wird, sowie der zugehörigen Maschinencodes in der Software Slic3r. Zusätzlich kann Repetier angeschlossene Drucker direkt bedienen und die Druckdaten an den Drucker übergeben.
Mitgelieferte Profile bringen schnelle Erfolg
Die mitgelieferte Repetier-Version ist auch deshalb wichtig, weil darin schon Profile für den Neo und die von GRR vertriebenen Filamente hinterlegt sind. Und hier ist meiner Meinung nach auch einer der größten Pluspunkte des Neo und der Grund zu finden, warum das Gerät solchen Erfolg hat: Schnelle, problemlose Inbetriebnahme. Wie ich in vielen Einträgen beschrieben habe, ist der Bau eines Druckers auf Basis eines Bausatzes nicht das Problem, sondern die Inbetriebnahme. Auch bei den Bausätzen und Fertigmodellen der RepRap-Open Source-Szene arbeitet man mit Repetier Host und Slic3r,aber man muss sich eben jede Einstellung selbst herausfinden: Wie schnell soll der Drucker laufen, wie heiß wird das Material verarbeitet, diese und viele andere Parameter müssen eingestellt und durch endlose Tests erarbeitet werden. Beim Neo sind diese Profile schon vorhanden – auch für das ebenfalls von GRR vertriebene Alternativprogramm Simplify3D liegt auf der CD eine Profildatei.
So war es auch kein Problem, den ersten Druck zu starten: In Repetier Host einen Druck vorbereiten und starten – schon legt der Drucker los. Vorher muss die Bauplattform ausgerichtet werden, wozu der Druckkopf mit den Kontrollen in Repetier Host bewegt wird. Das Einführen des Filaments ist etwas fummelig, weil der Extruder direkt neben der Materialrolle hinten am Drucker angebracht ist. Der Kunststofffaden muss – bei gleichzeitigem Drücken am Hebel des Extruders – durch das Filamentführungsrohr geschoben werden. Dies wird man jedoch nicht allzu oft machen müssen, lediglich beim Materialwechsel oder wenn eine Spule leer ist.
Dabei zeigt sich, dass im Gegensatz zu anderen Druckern – und dem gesunden Menschenverstand sowie der Richtung der Pfeile in der Software – die X- und Y-Achsen vertauscht sind. „Vorn“ in der Software ist seitlich links am Drucker, so dass man sich anfangs kräftig schwertut, den Druckkopf über die drei Einstellschrauben der Bauplattformen zu fahren. Hier wird dann der Abstand zwischen Bauplattform und Drucker so eingestellt, dass ein Blatt Papier mit leichtem Widerstand dazwischen bewegt werden kann.
Dass der Button „Z-Achse hoch“ dazu führt, dass die Bauplattform nach unten fährt, muss man auch erst einmal verstehen. Das ist allerdings – im Gegensatz zu den vertauschten anderen Achsen – eigentlich richtig. Der Neo besitzt einen Druckkopf, der in X/Y-Ebene fährt, die Bauplattform bewegt sich in der Vertikalen, also der Z-Achse. Der Nullpunkt des Druckers liegt in einer Ecke der Bauplattform, so dass ein Absenken der Plattform im Kontext des Drucker-Koordinatensystems tatsächlich ein Anheben der Düse bedeutet. Dieses Verhalten lässt sich übrigens in der Hostsoftware umkehren, die vertauschten anderen Achsen leider nicht.
Ist das Nivellieren der Plattform erledigt, kann es mit dem Drucken losgehen. Das läuft auch völlig problemlos, der erste Druck – eine Katzenfigur aus den Beispielen – gelang sofort in sehr ansprechender Qualität. Das Buildtak-Material auf der Plexiglas- Bauplattform hält die PLA-Schicht zuverlässig fest – leider auch nach Abschluss des Drucks, da bleibt oft nichts anderes übrig also die mit Klammern befestigte Plexiglasplatte zu entnehmen und dann das Bauteil vorsichtig abzulösen. Dabei zeigt sich ein kleiner Nachteil der geschlossenen Bauform: Mit großen Männerhänden ist es nicht gerade einfach, die Klammern wieder anzubringen, dazu sind die Platzverhältnisse im Innern einfach etwas sehr beengt.
Im täglichen Gebrauch zuverlässig und mit hoher Qualität.
Das weitere Arbeiten mit dem Neo ist unspektakulär, das Gerät produziert die Druckteile mit großer Zuverlässigkeit und in sehr hoher Qualität. Die Geschwindigkeit liegt mit 50mm/min (Bewegungsgeschwindigkeit des Druckkopfs) im typischen FDM-Druckerbereich. Die Lärmentwicklung des Neo ist erträglich und im Vergleich zu einem offenen System angenehm.
Ich bin zum Testen unter die offizielle Mindestschichtdicke von 0,1mm gegangen und erreichte sogar noch mit 0,05mm-Schichten ansprechende Ergebnisse, allerdings gab es dabei leichte haarförmige Artefakte, die sich durch ein Absenken der Temperatur vermeiden hätten lassen können. Belohnt wird man dafür mit einem Oberflächenfinish, bei dem die 3D-Druck-typischen Schichtriffel kaum mehr zu spüren sind. Gut gefallen hat mir die Maßhaltigkeit, die Abweichungen lagen bei verschiedenen Testobjekten im Bereich von etwa 1-2 Zehntelmillimeter – das ist für FDM-Druck schon gut.
Ein systembedingter Nachteil ist, dass der Rechner die gesamte Druckzeit über an und „wach“ sein muss – schon ein kurzes Abrutschen in den Energiesparmodus kann den Druck scheitern lassen. Ich habe daher den Neo sehr schnell an einen Raspberry Pi mit Octoprint gehängt, das liefert ein Webinterface für den Drucker und – wenn man eine Webcam anschließt – sogar die Möglichkeit, den Druck von fern zu überwachen. Will man nicht ständig neben dem Drucker sitzen, eine sehr angenehme Einrichtung. Übrigens bietet GRR mit der 3DPrintBox dafür eine komplette Lösung, die auch mit anderen RepRap-Druckern funktioniert.
Ich empfehle dringend, das Beleuchtungs-Kit (19,15 Euro) und die Plexiglas-Deckel (39,90 Euro) gleich mitzubestellen, dann sieht man besser, was beim Drucken passiert und die Deckel halten Staub ab – vielleicht sorgen sie auch dafür, dass der Drucker noch etwas leiser wird. Die entsprechenden Bohrungen sind jedenfalls am Chassis schon vorbereitet.
Zusammenfassend kann man dem German RepRap-Team gute Arbeit bescheinigen. Der Drucker ist stabil und präzise, mit vordefinierten Profilen gut eingestellt und ermöglicht echtes Plug-and-Play. Drucker einstecken, Software installieren, loslegen – das geht mit dem Neo tatsächlich. Die seltsame Achsstellung ist gewöhnungsbedürftig, ansonsten gefällt der Neo mit tadelloser Verarbeitung und Vorkalibrierung. Ich persönlich bin kein Freund davon, den Drucker direkt am PC zu betreiben, aber es ist möglich. Ansonsten gibt es Lösungen für den autonomen Druck – zum Basteln oder Kaufen.
Das Basteln an Bausatzdruckern ist sicher lehrreich und macht Spaß; geht es jedoch darum, das Gerät professionell einzusetzen und schnelle Ergebnisse zu erzielen, kann ich den Neo sehr empfehlen. Er vermittelt schon mit seinem aufgeräumten Äußeren einen professionellen Eindruck – trotz der geringen Größe handelt es sich eindeutig um ein Profigerät und keinen „Basteldrucker“.
Wenn die Baugröße ausreicht und keine besonderen Anforderungen an die Hitzebeständigkeit der Teile gestellt werden – dann wäre ABS besser, denn PLA verliert ab ca. 60°C an Festigkeit – spricht nichts gegen diesen kleinen Würfel. Für 699 Euro erhält man ein Gerät, mit dem man tatsächlich sofort loslegen kann.