Am Samstag fand ich einen interessanten Zeitungsbericht darüber, wie viele Millionen Euro derzeit und in naher Zukunft im Allgäu und in Vorarlberg in Skigebiete investiert werden. Und am Sonntag scheiterte das Volksbegehren zur Hamburger Olympiabewerbung. Zwei Dinge, die auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun haben – auf den zweiten Blick kann man durchaus Lehren daraus ziehen: Veränderung lässt sich nicht aufhalten, und es erfordert Mut, nach vorn statt zurück zu blicken.
Eine Studie des Deutschen Alpenvereins, die in dem Artikel zitiert wird, belegte schon im Jahr 2013, dass in Bayern langfristig nur noch Fellhorn, Nebelhorn und Zugspitze zuverlässig schneesicher sein werden. Der Klimawandel lässt die Winter wärmer werden, auch Schneekanonen brauchen Minusgrade, um Schnee produzieren zu können – viele Gebiete werden trotz hohem technischen Aufwand in Zukunft mehr Winter ohne als mit Schnee erleben.
Trotzdem wird auf Teufel komm raus investiert: in diesem Jahr flossen 30 Millionen Euro in die Modernisierung und den Neubau von Liften in Hindelang/Oberjoch, Gunzesried Ofterschwang hat vor zwei Jahren 16 Millionen investiert – mit dem durchaus positiven Effekt von 40 Prozent Anstieg der Wintersportgäste. In Vorarlberg lagen die Investitionen in den letzten fünf Jahren bei rund 270 Millionen Euro. Sogar am Feldberg im Mittelgebirge Schwarzwald gab man 15 Millionen Euro für ein Parkhaus und 10,4 Millionen für eine Sechser-Sesselbahn aus.
Die Folge solch hoher Investitionen sind immer höhere Preise für die Tageskarte – was inzwischen viele Skifahrer abschreckt. Für eine vierköpfige Familie sind inzwischen über 150 Euro Kosten pro Tag alleine für die Liftkarten keine Seltenheit. Zugleich zerstört der Bau von Liften und Pisten in den hochalpinen Regionen unwiederbringlich die Natur. Trotzdem wird weitergebaut – schließlich seien die Ortschaften vom Wintersport abhängig.
Kurz gesagt, man investiert gigantische Summen in einen Markt, von dem man weiß, dass er nicht mehr lange existieren wird. Diese Summen fehlen – ebenso wie die zerstörte Natur – später, wenn es darum geht, in tatsächlich zukunftssichere Geschäftsfelder zu investieren.
Am Sonntag standen glückliche Abstimmungssieger und Olympiagegner vor den Kameras und freuten sich, dass man nun mit dem nicht ausgegebenen Geld für die Olympiabewerbung sinnvollere Dinge tun könne, beispielsweise den Armen helfen oder Schulen zu sanieren. Denkt man dieses Argument weiter, fragt man sich, warum man nicht bereits heute den Armen hilft und in Schulen investiert – der Landesanteil der Olympiakampagne wäre je ebenfalls aus dem Landeshaushalt bezahlt worden. Allerdings wird der Bund nun sicher kein zusätzliches Geld nach Hamburg zahlen, wie es im Fall der Olympiabewerbung der Fall gewesen wäre.
Zwei Dinge bleiben hängen: Investieren in Märkten und Strategien, die absehbar eine begrenzte Lebensdauer haben, sind nicht nur hinausgeworfenes Geld, sondern behindern zudem die zukünftige Entwicklung. Und: Dinge, die man heute nicht anpackt, wird man auch in Zukunft nicht anpacken, nur weil man aufhört, in die Zukunft zu investieren.
Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten
Die Parallele zur Digitalisierung liegt auf der Hand. Jedes Unternehmen – und mögen die aktuellen Zahlen noch so gut sein – muss sich mit den anstehenden Umwälzungen beschäftigen und seine Strategien darauf ausrichten. Internetguru Sascha Lobo sieht uns heute – wie er auf dem 3DExperience Forum in Leipzig sagte – am Beginn einer Zeit des exponentiellen Fortschritts – die Neuerungen kommen nicht in steter Reihenfolge, sondern immer schneller. Das ist heute schon zu beobachten. Und es lässt sich nicht zuverlässig vorhersagen, wohin der Fortschritt geht. Sicher sind nur zwei Dinge: Wer sich nicht laufend mit der Zukunft beschäftigt und seine Strategie nicht ebenso laufend anpasst, wird überrollt werden. Und wer heute falsch investiert, wird in Zukunft nicht mehr die Mittel haben, umzusteuern.
Investitionen in Produkte, Werkzeuge und Anlagen, die nicht smart sind oder sich smart machen lassen, sind Rückzugsgefechte ähnlich denen, die die Skiorte kämpfen. Und die Skiorte haben einen Vorteil: Der Klimawandel läuft wesentlich langsamer ab als die digitale Revolution.