Eine der besten Informationssendungen im deutschen Fernsehen ist immer noch die Sendung mit der Maus. Jeden Sonntag um 11:30 Uhr erfährt man, wie etwas entsteht/gebaut wird/funktioniert, über das man meist eher unbewusst nachgedacht hat. Beispielsweise, wie die Maschine funktioniert, die die Arzneimittel-Beipackzettel so faltet, dass man sie auseinander-, aber nie wieder zusammenbekommt. In der gestrigen Ausgabe nun ging es um 3D-Druck und Reverse Engineering.
Leider werden die Sendungen nur sieben Tage online gehalten, aber eine Suche in Youtube führt sicher bald zu einem Mitschnitt. Hier der Link auf das Original. Der 3D-Druck-Artikel läuft von 0:55 bis 5:50.
Die Handlung: Christoph hat ein Modellauto, das ihm zu klein ist und er hätte gerne einen großen Dachspoiler dran. er geht zu einer Firma, die das Modell mit einem Faro-Laserscanner einscannen und dann mit Software weiterverarbeiten, die ich leider nicht erkannt habe (Tipps bitte in die Kommentare!). Auf einem Objet
-3D-Drucker (Connex 500) wird das größere, verspoilerte Auto dann gedruckt und zum Schluss noch in Christophs Lieblingsfarbe Giftgrün lackiert (wieso eigentlich? Die Connex kann doch farbig drucken, oder?).
Zunächst einmal finde ich es toll, dass die Maus oft Technikthemen aufgreift – das ist außerhalb von DMAX mit „Superautos“, „Die Schrottprofis“ oder „American Chopper“ (oder wie diese Sendungen alle heißen, in denen Tätowierte Fahrzeuge in unrealistisch kurzer Zeit zusammenpfuschen) viel zu selten der Fall. Aber es zeigt auch, dass der aktuelle 3D-Printing-Hype im Alltagsleben angekommen ist. Und es ist schön, dass das Beispiel den kompletten Prozess zeigt und nicht mit einem irgendwoher kopierten 3D-Modell einer Spielfigur beginnt.
Es zeigt aber auch das Dilemma des 3D-Druck, wenn es darum geht, diese Technologie im Consumermarkt zu etablieren: Woher kommen die Modelle? Die Analogie des „3D-Druckers“ mit dem Siegeszug des Tintenstrahldruckers verkennt ja völlig, wie viel schwerer es ist, an dreidimensionales „Futter“ für den Drucker zu kommen.
3D-Scanner sind ja eben noch nicht in den Abwärtsstrudel geraten, in dem sich die 3D-Drucker schnell dem heimwerkertauglichen Preislimit nähern. Die nächste Kinect soll wohl extrem hoch auflösen, aber um beispielsweise die winzigen Details eines Automodells, beispielsweise den Türfalz, abbilden zu können, bedarf es neben guter Hardware auch einiger Erfahrung und Nacharbeit – selbst das im Film sichtbare Modell des Faro-Scanners hat Lücken und muss nachbearbeitet werden.
Irgendwann sind dann alle Autos eingescannt und verspoilert. Und dann passt der Reverse Engineering-Prozess nicht mehr – oft hat man ja gar keine Grundlage, die man abscannen könnte. Wer sich mit geringen Vorkenntnissen und einem kostenlosen CAD-Programm an einer freiformflächenmodellierten Fahrzeugkarosse versucht, wird schnell sehen, dass das nicht „mal so eben“ getan ist. Am Ende ist der mittlere Teil des Prozesses – die 3D-Modellierung und/oder -nachbearbeitung – der entscheidende Schritt im Prozess und das dort verwendete Werkzeug entscheidend für den Erfolg.
Also gibt es drei Möglichkeiten: Der Heimwerker-3D-Drucker-Hype bricht wieder zusammen, die Menschen werden schon früh mit 3D-Modellierungstechniken vertraut gemacht oder die Systeme werden so einfach, dass wirklich jeder damit umgehen kann.
Ich glaube, dass es ein Mix aus allen drei Möglichkeiten wird. Auch die preisgünstigen 3D-Drucker werden in den nächsten Jahren eher bei kleinen Firmen oder echten Technikfreaks stehen als im Kinderzimmer, an der Ausbildung ist tatsächlich einiges zu verbessern – zum Glück schwappen derzeit erste Schulinitiativen wie FIRST Robotics aus den USA herüber – und die Systeme werden tatsächlich bedienbar. Gleichzeitig wird die Frage „Wo kommen die Modelle her“ zum Realitätscheck für jeden Artikel im Rahmen des 3D-Drucker-Hype.