Man könnte meinen, Emotionalität und rationale Arbeitsabläufe passen nicht zusammen. Am Mittwoch zeigte die KTM Sportmotorcycle AG einer kleinen Journalistentruppe auf Einladung von PTC, dass dies sehr wohl zusammengeht. Der österreichische Motorradhersteller arbeitet mit Pro/Engineer und Windchill, der Umstieg auf Creo steht im nächsten Jahr an. Ausgefeilte Workflows stellen sicher, dass die Entwicklungsprojekte reibungslos durchlaufen.
„Wir sind von Herzen ein Ingenieurs- und Produktionsbetrieb“, sagte PR-Manager Thomas Kuttruf bei der Begrüßung. KTM konzentriert sich seit dem Neustart des Unternehmens 1992 ganz auf sportliche, wettbewerbsfähige Motorräder. Seit 1953 produziert das Unternehmen Motorräder, bis in die 80er Jahre verzweigte sich das Portfolio immer mehr, unter anderem wurden Fahrräder und als Zulieferer Kühler gefertigt. Die Motorradkrise in der 80er Jahren traf KTM dann voll und das Unternehmen ging 1991 in die Insolvenz. Es entstanden vier eigenständige Unternehmen, die sich jeweils auf ein Thema spezialisierten. Die Sportmotorcycles AG gehört heute zu 47,3 Prozent dem indischen Automobilhersteller Bajaj Auto, zu 50 Prozent der Cross/Pierer Group.
Die Fokussierung auf sportliche Motorräder hat sich ausgezahlt, KTM hat BMW als größter Motorradhersteller Europas abgelöst. Im Jahr 2012 wurden 107.000 Motorräder hegestellt, Ziel sind 200.000 im Jahr 2017. Im Vergleich beispielsweise zu Honda, die im Jahr 15 Mio. Motorräder bauen, ist KTM ein Nischenanbieter, aber ein sehr erfolgreicher. Der Schwenk des Marktes, der sich vom Motorrad als Transportmittel verabschiedet und es als Luxus- und Sportgerät versteht.
KTM mit seinem großen Motorsportengagement – 226 offizielle Weltmeistertitel stehen in den Büchern, alleine 2012 wurden 20 Titel gewonnen – hat sich in diesem neuen Markt gut eingerichtet. Zwischen 2000 und 2012 wurden 59 neue Offroad- und 37 Straßenmodelle entwickelt und auf den Markt gebracht. 280 Mitarbeiter arbeiten in der Entwicklung, das sind 13,5 Prozent der Gesamtbelegschaft von 1450 am Standort Mattighofen; weltweit arbeiten 1700 Personen für KTM.
Ursprünglich nutzte KTM das 2D-System Caddy, für 3D-Flächen kam Cimatron zum Einsatz. Im Jahr 1998 kamen die ersten beiden Pro/Engineer-Arbeitsplätze, 2001 Pro/Intralink zur Verwaltung. Ab 2002 wurde eine Konstruktionsrichtlinie entwickelt, die von Beginn an zur Umsetzung in Workflows ausgelegt wurde. Windchill PDMLink 8 löste Intraliink im Jahr 2008 ab, heute besteht das Produktentwicklungssystem (PES) bei KTM aus Pro/Engineer Wildfire 4, Windchill 9.1 und Productview. 2010 kamen für die Dokumentation Arbortext und Isodraw hinzu, in den folgenden Jahren bis heute wurden die Workflows aufgebaut und optimiert sowie die Kabelbaumentwicklung mit Zuken E3 sowie eine ERP-Kopplung integriert. Die nächsten Schritte sind Ende dieses Jahres der Umstieg auf Windchill 10.1 und im nächsten Jahr auf Creo 2.0.
Heute arbeiten 580 Mitarbeiter mit dem PES, davon 170 CAD-Konstrukteure, 125 weitere, am Freigabeprozess Beteiligte und 285 reine Viewing-Anwender. das PES kommt von Forschung in Entwicklung über Einkauf und Disposition, Produktion und Arbeitsvorbereitung bis hin zu Dokumentation, Kundendienst, Qualitätsmanagement und Ersatzteile zum Einsatz.
Interessant sind die ausgefeilten Workflows, die jeden Schritt des Entwicklungsprozesses festlegen und reproduzierbar machen. An bestimmten Stellen wird beispielsweise überprüft, ob sich alle Baugruppen – die das komplette Motorrad umfassen – regenerieren lassen. so ist sichergestellt, dass das CAD-Modell komplett und funktionsfähig ist, was beispielsweise beim Kopieren der Daten für Hubraum- oder Modelljahrvarianten wichtig ist.
Seit 2012 wird auch der Kabelbaum in das digitale Modell integriert, was es möglich macht, beim Bau des letzten Prototypen einen freigegebenen Kabelbaum zu verwenden – früher wurde erst an diesem Prototypen der endgültige Kabelbaum entwickelt. Auch die Software für die Steuergeräte wird über Windchill verwaltet, was sicherstellt, dass die richtige Software am Band in das Motorrad eingespielt wird.
Die Vorträge bei KTM waren sehr lehrreich und interessant. Es zeigte sich, dass echte Leidenschaft für die Motorradentwicklung von gut geplanten Workflows nicht ausgebremst, sondern unterstützt wird.
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