Zum Solid Edge St6-Launch hat Siemens PLM Software am 9. Juli ausgewählte Kunden aus 57 Firmen nach Frankfurt eingeladen. Karsten Newbury, SVP der Solid Edge-Produktsparte, und Vice President Bill McClure waren aus den USA angereist, um die neue Version des Mainstream-CAD-Systems zu präsentieren. Solid Edge ST6 kann mit über 1300 Neuerungen glänzen, darunter einer Youtube-Anbindung.
Die Präsentation von Karsten Newbury begann mit positiven Zahlen. So konnte das Unternehmen im ersten Quartal des Jahres den höchsten Umsatz seiner Geschichte vorweisen. Auch das zweite Quartal verspricht Gutes, 500 Neukunden konnten bereits gewonnen werden. Die Solid Edge-Macher bezeichnen ihr System als „Konstruktions-Produktivitätsplattform“. Neuerungen seien von der Maßgabe getragen, den Produktentstehungsprozess so effizient wie möglich zu gestalten.
Eine der Maßnahmen auf diesem Weg ist die enge Einbindung diverser Zusatzapplikationen wie CAMWorks, das dem bestehenden CAMExpress – das eher für NC-Spezialisten geeignet ist – zur Seite gestellt wird, um auch den weniger NC-erfahrenen Anwendern die Erstellung von CAM-Programmen zu ermöglichen. Weitere Drittsoftware kommt unter anderem von Keyshot (Rendering), Comsol (Multiphysik) und ESI (Fluiddynamik-Simulation).
Was sich zunächst wie ein Scherz anhört, gehört ebenfalls in die Kategorie „Effizienztools“: Solid Edge ST6 erhält eine Funktion, die das Aufnehmen von Bildschirmvideos und Sprachkommentaren ermöglicht, die sich lokal, aber auch direkt in der Videoplattform Youtube abspeichern lassen. Newbury sieht in Youtube eine gigantische Wissensquelle, in der sich Anleitungsvideos zu allen Themen – und eben auch zu Solid Edge – finden lassen. Eine Schlagwortsuche soll diesen Schatz den Anwendern eröffnen. Diese können, wenn sie eine Erklärung benötigen oder wissen wollen, wie eine Funktion effizient benutzt wird, direkt im CAD-System entsprechende Videos suchen und ansehen. Die Aufnahmefunktion soll es ermöglichen, Best Practices, Tipps und Tricks und anderes im Kollegenkreis oder in einem eigenen Youtube-Channel zu verbreiten. Ebenso bietet es sich an, ein Video, auf dem man ein Problem zeigt, als Supportanfrage dem Systempartner zu senden. Die Youtube-Funktion lässt sich auf Wunsch vom CAD-Administrator abschalten. Im Umfang von Solid Edge werden über 40 neue Videos mitgeliefert, auch die Inhalte der Hilfe wurden erweitert.
Weitere Unterstützung finden die Anwender auf dem ebenfalls neuen Community-Portal. Dort lassen sich Fragen in ein Suchfenster eingeben. Bringt die Suche in Foren und Knowledge-Base keine entsprechenden Treffer, kann die Frage direkt in eine Forenanfrage umgewandelt werden.
In den USA, Großbritannien und Japan startet Siemens PLM Software einen neuen Dienst, über den sich Solid Edge auf Monatsbasis mieten lässt. Newbury will so die Wahlmöglichkeiten der Anwender erweitern, die so zwischen einem Kauf und der Miete nach Bedarf wählen können. Die Software wird in jedem Fall lokal installiert.
Ebenfalls auf freie Wahl setzt Solid Edge beim Thema Cloud. Man verschließe sich dem Thema nicht, sagte Newbury, lasse aber dem Anwender die Wahl, ob er seine Daten lokal oder in Netz sichern möchte. Dazu vereinbarte das Unternehmen eine Partnerschaft mit dem Webdienst Grabcad, der mit seiner Workbench eine Online-Collaboration-Lösung anbietet. Anwender können 3D-Daten direkt in Grabcad speichern und andere dazu einladen, an diesen mitzuarbeiten. Der Dienst eignet sich besser für die Übermittlung großer Dateien als beispielsweise E-Mail.
Bill McClure zeigte die neue Version von Solid Edge SP, einer Datenverwaltungslösung auf Sharepoint-Basis, die vor allem im Bereich der Visualisierung Fähigkeiten hinzugewonnen hat. Auch das Simulationsmodul wurde mit weiteren Funktionen ausgestattet, beispielsweise Wärmeübertragung.
Die erwähnten über 1300 Neuerungen in Solid Edge selbst basieren zum großen Teil auf Kundenwünschen, teils wurden Funktionen wie die für große Baugruppen im direkten Dialog mit betroffenen Anwendern entwickelt. Eine der interessantesten neuen Funktionen findet sich im Blechbereich, hier ist es nun möglich, Verformungsvorgänge zu simulieren, beispielsweise lässt sich eine Blechtafel um einen beliebig geformten Körper legen – das Ergebnis ähnelt einem Tiefziehteil. Im Bereich großer Baugruppen und Datenübergabe wurden die Fähigkeiten, komplexe Modelle durch Hüllgeometrie zu vereinfachen, stark erweitert.
Die Datenmigration wurde erweitert, so bietet Solid Edge nun eine Funktion zu Übernehmen ganzer Bestände von SolidWorks-Modellen. Bei der Übernahme bleiben viele Eigenschaften und Features der Modelle erhalten, beispielsweise Bohrungen, Gewinde, verschiedene Einbaubedingungen und zugewiesene Materialien.
Eine Vielzahl kleiner Neuerungen wurde vorgestellt, beispielsweise die Möglichkeit, das Steuerrad zu skalieren, aber auch größere Überarbeitungen beispielsweise im Flächenbereich, wo das System beeindruckende Fähigkeiten aufweisen kann.
Insgesamt lässt sich sagen, das die Synchronous Technology bei den Anwendern angekommen ist, wie es auch der Vortrag eines Konstruktionsleiters zeigte, der bisher klarer Verfechter der parametrischen Modellierung war. Er zeigte ein Video, in dem er versuchte, ein von einem Kollegen modelliertes Teil zu ändern – er musste nach knapp zehn Minuten aufgeben, weil jede Änderung unerwünschte Seiteneffekte hatte. Im Synchronous-Mode war die Änderung in weniger als einer Minute umgesetzt.
Mit seinen Schwerpunkten Effizienz und Wahlmöglichkeiten ist Solid Edge und die Mannschaft um Karsten Newbury auf einem guten Weg. Man könnte an den Spruch von Helmut Schmidt denken: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“ – bei Solid Edge geht es darum, Arbeit zu erledigen, schnell, effizient und mit Spaß. Und das sind sicher erstrebenswerte Ziele.