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3D-Drucker – Wer braucht denn so was?

Diese Frage muss ich in letzter Zeit öfter beantworten, unter anderem meiner Frau, als ich ihr beichtete, dass ich einen solchen Drucker selbst bauen möchte. Meine Freunde und  Bekannten – die meist eher wenig IT-affin sind – sind im ersten Moment begeistert und verblüfft von den Möglichkeiten, wenn ich ihnen 3D-gedruckte Teile zeige. Aber auch hier kommt immer die Frage: „Braucht man einen 3D-Drucker wirklich?“ Liest man dagegen die einschlägigen Zeitschriften und Blogs oder die Ausstellerliste der Euromold, scheinen 3D-Drucker das große Hype-Thema zu sein. Wieso diese Diskrepanz?

Der Schirm ist zu dünn für den Ständer? Macht nix, ein Adapter ist schnell gedruckt.

Diese Woche erschien wieder einmal ein Artikel im Handelsblatt, in dem wie so oft Zukunftsmusik, die Eigenschaften der High-End-Geräte und der Preis der kleinen 3D-Drucker vermengt wurde. Es ist diese Melange aus Unwissen, Vermengen von Fakten und Spinnerei, die einerseits die Faszination des Themas ausmacht und den Hype befeuert, andererseits Erwartungen weckt, die nur enttäuscht werden können. Liest man manche Texte, könnte man glauben, das Ausdrucken von Ersatzorganen, Häusern und Hamburgern stehe unmittelbar bevor.

Schon das Wort 3D-Druck – das ich selbst gern benutze, weil es so einprägsam ist – ist ein Begriff, der der ganzen Sache einen falschen Spin gibt: Den nämlich, dass 3D-Druck so einfach wie das Bedrucken von Papier sei und bald „jeder“ einen 3D-Drucker neben seinen Tintenstrahler stellt. Analysten verbinden dies gern mit dem Siegeszug des Tintenstrahldruckers als Heimdrucker und sehen einen riesigen Consumermarkt vor sich. Nicht umsonst sprechen etablierte Hersteller wie EOS, Stratasys oder 3D Systems lieber von Rapid Prototyping, was sehr viel technischer und weniger Consumerorientiert klingt.

Doch meine Freunde haben anscheinend mehr Menschenverstand als mancher selbsternannte Prophet und kommen schnell zur Frage aller Fragen: „Wer braucht’s?“ beziehungsweise: „Wofür ist der gut?“. Beispielsweise wird im erwähnten Handelsblatt-Artikel Marlene Vogel von Trinckle 3D, einer Ausgründung der Freien Universität Berlin, mit der Aussage zitiert: „Viele Alltagsprodukte wie Türklinken oder Besteck werden heute in Asien gefertigt. Mit den 3D-Druckern könnte man sie wieder in Deutschland produzieren – individuell und trotzdem bezahlbar.“ Das ist ein Widerspruch in sich: In Asien werden eben nicht die individualisierten Produkte gefertigt, und für die Massenware existieren preiswertere und besser geeignete Fertigungsverfahren.

Der Fahrradtacho braucht einen Halter?
Der 3D-Drucker hilft.

Doch wofür ist denn  nun der 3D-Drucker gut? Wer braucht ihn wirklich? Ich spreche hier von den preiswerten Geräten vom Eigenbauprojekt bis hin zu Makerbot Replicator und Konsorten, also der „Consumerklasse“. Die Antwort ist interessant: Zum einen sind es Geeks wie ich, die einfach Spaß an der Sache haben und von der Technik fasziniert sind, und zum anderen kleinere Firmen beziehungsweise Konstruktionsabteilungen in größeren Unternehmen. Sogar die Automobilhersteller – die ja alle inzwischen eine Rapid-Prototyping-Abteilung mit großen, teuren Druckern haben – sind offensichtlich an Replicator und Co. Interessiert, um ihren Konstrukteuren schnelle Konzeptmodelldrucke zu ermöglichen.

Beiden ist eins gemeinsam: Die Anforderungen an Oberflächenqualität und Maßhaltigkeit sind gering beziehungsweise realistisch, die Anwender wissen, dass ein FDM-Druck nicht an das Ergebnis eines Bauteils beispielsweise aus einem Objet-Drucker heranreicht.

Trotz dieser Einschränkung – die von den „Hype-Befeuerern“ gerne unterschlagen wird – bleibt die Faszination, aus Nichts etwas zu erschaffen, Ersatzteile fertigen zu können, die bisher nicht zu bekommen waren. Mir geht es wie in dem bakannten Zitat von Kommunikationsforscher Paul Watzlawick: „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel.“ Und als ich einem Freund sagte, dass ich mit dem 3D-Drucker die Plastikteile nachfertigen kann, die die unterste Rollladenleiste seitlich führen und in alten Rollläden immer fehlen, war ihm der Sinn des Druckers sofort klar.

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