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Dassault Partner Forum Paris 2014: Alles in die Cloud

Es war etwas ungewöhnlich, zu einem Partner-Event eingeladen zu werden, normalerweise laden die Systemhersteller Journalisten eher zu Usermeetings ein als zu den Veranstaltungen, bei denen Reseller, Systemhäuser und Partner über die neuesten Entwicklungen informiert werden. So ging es am 9. Juli also nach Paris, in eine Veranstaltungshalle in den „Docks de Paris“.

Monica Menghini sieht große Chancen für die Dassault-Partner.

Den Reigen der Keynotes eröffnete Monica Menghini, EVP für Corporate Strategy, Industry und Marketing bei Dassault. In ihrem engagierten Vortrag erläuterte sie die neue Dassault-Strategie, die auf den drei Beinen „Social“, „Industry“ und „Experiences“ fußt. Zu „Social“ präsentierte sie die Schlagworte einfache Bedienbarkeit, Cloud und Mobile. Dassault will sein Portfolio von Cloud-Software massiv ausbauen, die V7- beziehungsweise 3DExperience-ÜPlattform baut grundsätzlich auf Cloud-Technologien auf, was nicht bedeutet, dass sie zwangsläufig im offenen Internet laufen muss, ebenso denkbar ist eine unternehmensinterne Private Cloud. Und die lokal installierte Software wird dabei auch nicht vergessen oder eingestellt, Dassault will, wie DS-Chef Bernard Charlés später sagte, alle drei Wege anbieten.

„Industry“ bedeutet Dassaults Commitment zu professionellen, leistungsfähigen Lösungen. Dassault Systèmes ist mit über 180 Prozessen in 14 Industrien vertreten. Unter Prozessen versteht Dassault bestimmte Funktionsbundles, die eine bestimmte Tätigkeit beziehungsweise eben einen Prozess abdecken. Das Unternehmen will in Zukunft keine Module mehr verkaufen, sondern es soll gemeinsam mit dem Kunden festgelegt werden, welche Funktionen dieser benötigt, und Dassault liefert dann das entsprechende, individuell angepasste Paket. Ob das den Einkäufern in mittelständischen Unternehmen gefallen wird, zeigt die Zeit – ich befürchte, dass die gerne ein Angebot mit Positionen, Unterpositionen und entsprechenden Preisen haben möchten statt eines großen Brockens.

Die 3DExperience-Benutzeroberfläche: „Ein bahnbrechendes Erlebnis“.

Unter „Experiences“ schließlich versteht Menghini Software, Service und Content, also die Bausteine, mit denen sich das „Kundenerlebnis“ schaffen lässt. Sie brachte als Beispiel für Experience die kürzlich erfolgte RTT-Akquisition, deren Produktportfolio es dem Kunden eines Unternehmens ermöglicht, das Produkt schon vor dem Kauf zu „erfahren“, beispielsweise in einem Autokonfigurator, der ein lebensechtes Bild des eben konfigurierten Autos zeigt.

Für die Reseller machte Menghini die Rechnung auf, dass im technischen Bereich nur 25 Prozent der Mitarbeiter eines typischen Unternehmens arbeiten, in Marketing und Vertrieb dagegen 40 Prozent. Mit Lösungen wie 3DXcite, wie RTT jetzt heißt, ließen sich diese 40 Prozent als zusätzliche Kunden gewinnen und ein zusätzlicher „Addressable Market“ von 32 Mill. Doolar anzapfen.

Sicherlich überwindet Dassault Systèmes – wie andere CAD-Anbieter auch – die Grenzen der technischen Abteilungen, aber ob dann plötzlich alle Marketing- und Vertriebsmitarbeiter mit 3DXcite arbeiten, bleibt abzuwarten. Allerdings wird sich die Kundenbasis mit den neuen Angeboten sicherlich verbreitern.

Entwicklungsleiter (Senior Executive Vice President, Research & Development) Dominique Florack hob nochmals hervor, dass 3DExperience nicht auf V6 aufbaut, sondern eine völlig neue Plattform ist. Er sagte: „Unsere Architektur ist bereit für die nächsten zehn Jahre.“ Die Dassault-Cloud läuft aktuell auf vier Servern im Osten und Westen der USA, Frankreich und Japan. Bis Ende des Jahres werden weitere Rechenzentren in New Jersey und Hongkong hinzukommen. Ein Kunde, Hersteller von Sonnenbrillen, zeigte in einer wirklich eindrucksvollen Demonstration, wie 3DExperience Läden, Designer und alle anderen Beteiligten verbindet und eine mächtige Kommunikationsplattform bietet.

Bernard Charlès: „Die Dassault-Produkte laufen jetzt auch auf Sorface-Tablets.“

Bernard Charles betonte in seiner Ansprache, dass es nichts bringt, einfach bestehende Software in der Cloud laufen zu lassen – man muss Cloud-Apps völlig neu Programmieren und aufbauen, um die „Power der Cloud“ wirklich nutzen zu können. Dassault sei der einzige Anbieter, der sein komplettes Portfolio cloudfähig macht.

Interessant fand ich die Aussage, dass das Markenmodell von Dassault stärker an die Luxusgüterindustrie als an typische Strukturen der Softwareindustrie angelehnt sei. Marken nur noch als Orientierungshilfe für die Anwender zu verstehen und nicht als bestimmtes Funktionsset, das ist tatsächlich neu. Man darf gespannt sein, wie der Markt diese Strategie annimmt. Wichtig ist jedoch, dass Dassault eine geschlossene und umfassende Vision hat – ohne eine solche geht es nicht; der Erfolg ist wie bei allen zukunftsgerichteten Entscheidungen erst später zu quantifizieren. Und Dassault vergisst offensichtlich nicht – wie manches zu sehr an Markenmacht ausgerichtete Unternehmen – dass die Marke nur funktioniert ist und wertvoll bleibt, wenn ein leistungs- und funktionsstarkes Produkt dahinter steht. Und dass Dassault Cloudtechnologie nutzt, ohne die Kunden in die Cloud zu zwingen, sehe ich ebenfalls als sehr gelungenen Schritt.

 

 

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