SolidWorks stellte auf dem Bechtle SolidWorks-Kundentag sein neues Modul MBD Standard vor. Model Based Definition (MBD) ermöglicht das Anbringen von PMI, also Form- und Lagetoleranzen oder auch Oberflächenzeichen am 3D-Modell. Zudem lassen sich Ansichten definieren, Maße diesen Ansichten zuordnen und das Ergebnis als 3D-PDF oder eDrawing abspeichern.
In der entsprechenden Session ergab sich eine rege Diskussion, die sich vor allem darum drehte, inwieweit dieses 3D-Modell juristisch Aussagekraft hat. Heute werden ja sehr oft in Lieferverträgen Zeichnungen zur Definition des zu liefernden Produkts genutzt. Die Zeichnung enthält neben der geometrischen Beschreibung eine Vielzahl von weiteren Angaben zu Fertigungsverfahren, Toleranzen und Oberflächenbeschaffenheiten. 3D-Modelle bestehen dagegen typischerweise lediglich aus der geometrischen Beschreibung und eventuell bestimmten Fertigungsfeatures, die jedoch systemspezifisch sind und sich kaum weitergeben lassen.
Zeichnungen sind zudem nach wie vor die Lingua Franca des technischen Bereichs: Sie lassen sich immer lesen, auch ohne eine bestimmte Software(-version), sie lassen sich beliebig austauschen, ausdrucken und sind grundsätzlich eindeutig.
Das führt zu einem weiteren wichtigen Einsatzgebiet für Zeichnung: der Archivierung. Zeichnungen lassen sich zum einem in ISO-definierten du damit auch in Zukunft noch lesbaren Formaten – beispielsweise TIFF oder PDF-A – speichern, zum anderen ist das Verändern beziehungsweise Verfälschen einer Zeichnung im Rasterformat mit solch hohem Aufwand verbunden, dass sie meist als fälschungssicher betrachtet wird.
Soll ein „angereichertes“ 3D-Modell diese Aufgaben übernehmen, wurde es bisher schwierig, da schon die erste Aufgabe – die vollständige Beschreibung – nicht gewährleistet war. Hier hilft das neue SolidWorks-Modul MDB Standard. Der Namenszusatz „Standard“ lässt vermuten, dass es in Zukunft funktionserweiterte Versionen namens – analog zum SolidWorks-Packaging – „Professional“ und „Premium“ geben wird. Andreas Spieler von SolidWorks ließ in der Diskussion durchblicken, dass die Funktionalität des Pakets erst am Anfang steht.
Bleiben die drei anderen Anforderungen, wobei der Austausch meiner Meinung nach überraschend unproblematisch ist – wenn man die Analogie zur Zeichnung weiterdenkt, geht es ja nicht um den oft problematischen Datenaustausch, bei dem die Geometrie weiterverwendet wird, sondern um die bloßen Informationsweitergabe. Eine Zeichnung lässt sich ja auch nicht direkt wieder in eine System einlesen. Für 3D-PDF und eDrawings ist eine Reihe von Viewern verfügbar, die das Ansehen eines solchen 3D-Modells so einfach machen wie das Ansehen eines PDFs.
Interessanter wird die Frage nach der Langzeitsicherheit und Fälschungssicherheit. Bei ersterem bin ich nicht ganz sicher, ich meine mich aber zu erinnern, dass das 3D-PDF-Format im Standardisierungsprozess ist. Fälschungssicher ist die Datei auch – in dem Sinne, wie es die Zeichnung ist – da das 3D-Modell im PDF oder eDrawing sich so einfach nicht extrahieren, ändern und wieder in die Datei schreiben lässt.
Ich sehe in immer mehr Firmen, die ich besuche, Monitorstationen in der Fertigung, an denen die Mitarbeiter auf die Konstruktionsdaten zugreifen können. Dies gilt bisher jedoch meist für die Montage, wo die Baugruppenmodelle wertvolle Hilfe beim Zusammenbau der Maschine geben. Für das Nutzen der Modelle in den spanenden Fertigung fehlen eben die angesprochenen Zusatzinformationen. Hier kann MBD in jedem Fall auch heute schon einen Sprung nach vorn bedeuten, in den anderen Aufgabengebieten der Zeichnung muss die weitere Entwicklung zeigen, wo die Reise hingeht.
Haben Sie mehr Informationen zu Archivierung und Datenformaten? Setzen Sie 3D-Modelle als Zeichnungsersatz ein? Denken Sie darüber nach? Nutzen Sie die Kommentarfunktion, um Ihre Anforderungen, Informationen und Gedanken zum Thema in die Diskussion einzubringen. Ich freue mich drauf!