Im zweiten Teil meines Berichts vom PNY-Partnertag – erster Teil hier – kümmere ich mich um die faszinierende Entwicklung Virtualisierung. Bei Datei-, Web- und anderen Servern sowie kommerziellen Systemen beziehungsweise Bürorechnern hat die Virtualisierung in den letzten Jahren einen einzigartigen Siegeszug geschafft. Bei grafiklastigen Anwendungen wie CAD konnte sich die Virtualisierung bisher nicht durchsetzen, da sich leistungsstarke Grafikkarten bisher nicht aufteilen ließen und auch die Grafikleistung unter der Virtualisierung zu sehr litt.
Ein echtes Alleinstellungsmerkmal hat sich Nvidia/PNY mit den Grid-Karten K1 und K2 geschaffen. Kein anderer Hersteller kann eine solche Karte anbieten, die es ermöglicht, die Grafikkarte nicht nur mitsamt der Workstation ins Rechenzentrum zu verlagern, sondern sich von mehreren Anwendern parallel nutzen zu lassen. Guido Seelbach und Ronald Grass von Citrix zeigten diese Lösung. Ein Grid-System besteht aus einem Rackrechner wie dem Tyan FT77A, der zwei Vier- bis Achtkern-CPUs und bis zu acht Dual-Slot-Grafikkarten enthalten kann. Allerdings lassen sich im Grid-Betrieb nicht alle diese Slots nutzen.
Die Grid K1 basiert auf vier K600-GPUs, die Grid K2 besitzt zwei K5000-Prozessoren. Das Tyan Barebone kann zwar generell bis zu 8 Dual-Slot Grafikkarten aufnehmen, Grid ist allerding auf maximal 8 GPUs pro System beschränkt. Mit GRID K1 mit 4 GPUs pro Karte lassen sich in einem Server zwei Karten verbauen, bei der GRID K2 mit zwei GPUs sind es maximal vier Karten parallel pro System. Jede dieser Karten lässt sich über virtuelle Maschinen (VM) von bis zu acht parallelen Sessions ansprechen, so dass auf einem Server mit zwei Grid K2 bis zu 8 Power-User oder 16 Entrylevel-User arbeiten können.
Mit zwei Grid K1 lassen sich sogar grundsätzlich 128 User versorgen, allerdings reicht die Leistung der einzelnen Instanz dann nicht mehr für ruckelfreies CAD-Arbeiten. Die Abschätzung, wie viele User sich auf welcher Hardware abbilden lassen, ist nicht trivial und erfordert Erfahrung. Grundsätzlich ist es aber so, dass der Rechner auch bei komplexen Modellen die allermeiste Zeit auf Benutzereingaben wartet, diese Wartezeit kann durch einen anderen User auf dem System genutzt werden. Die Systeme werden insgesamt besser genutzt.
Welche Hardware als Client zum Einsatz kommt, ist nahezu egal – Hauptsache, es existiert ein entsprechender Citrix Receiver-Client. Da es diesen auch für Android und iOS gibt, lässt sich so CAD auch auf dem Tablet betreiben – wobei hier die Frage ist, inwieweit sich die Applikationen sinnvoll bedienen lassen. Eine virtuelle Maschine besteht aus einer Umgebung aus Betriebssystem und Applikationen – letztere lassen sich vom Anwender individuell aus einem Appstore zusammensuchen. Die Software läuft auf einer virtuellen Hardware, die von der Virtualisierungssoftware – in diesem Fall Citrix XenServer – bereitgestellt wird. Der Administrator kann dieser virtuellen Hardware nun flexibel Ressourcen – CPU-Leistung, Arbeitsspeicher, Grafikleistung zuweisen, die wiederum auf den tatsächlich vorhandenen Rechnerressourcen abgebildet werden.
So kann einem User eben ein Achtel, Viertel, die Hälfte oder die Gesamtleistung einer Grid-Karte zugewiesen werden. Es ist beispielsweise möglich, einem User, der normalerweise nur eine K600 benötigt, für eine bestimmte Zeitspanne im Rahmen eines komplexen Projekts, die Leistung einer oder gar zweier K5000 bereitzustellen. Im virtuellen System arbeitet der normale Nvidia-Grafikkartentreiber, der zunächst mit einem Grid Virtual GPU-Treiber zusammenarbeitet, der die Verbindung zu den zugewiesenen Ressourcen herstellt. Danach steht die Verbindung direkt zwischen dem Grafiktreiber in der VM und der Hardware, so dass an dieser Stelle praktisch keine Einbußen durch zusätzliche Softwareschichten auftreten.
Diese Herangehensweise hat eine ganze Reihe von Vorteilen: Daniel Held, Geschäftsführer des SolidWorks-Systemhauses Coffee, den ich auf der Veranstaltung sprach, nannte als wichtigste Anforderung der Kunden, die sich für diese Lösung interessieren, die Sicherheit der Unternehmensdaten und des geistigen Eigentums. Da zum Client lediglich Bildschirminhalte übertragen werden, verlassen die kostbaren CAD-Daten das Rechenzentrum nicht, können nicht gestohlen oder auf der Festplatte eines verlorenen Laptops in falsche Hände geraten. Zudem lässt sich die Performance verbessern: Grass brachte das Beispiel eines deutschen Automobilbauers, bei dem das Auschecken eines CAD-Datensatzes in der US-Niederlassung zwei Stunden dauern konnte – schließlich gehen dabei Gigabytes an Daten über das Internet in die USA. Arbeitet der US-Anwender remote, müssen die CAD-Daten nur innerhalb des Rechenzentrums vom PLM-Server zum Citrix-Server gelangen, was natürlich über gigabyteschnelles lokales Netzwerk um Größenordnungen schneller geht. Dass auch hier die Sicherheit größer ist als bei einer lokalen Lösung, erschließt sich von selbst.
Die Flexibilität in der Client-Hardware, die bessere Ausnutzung der Server-Hardware und die Verfügbarkeit einer einheitlichen Umgebung an jeder Stelle der Welt mit Netzwerkzugang sind weitere Vorteile, die viel Geld sparen. Der User kann je nach Bedarf unterschiedliche VMs starten, die beispielsweise unterschiedliche CAD-Systemversionen oder -konfigurationen bieten. Für den Administrator bedeutet ein Systemupdate nicht mehr langwierige Arbeit an jeder einzelnen Workstation – es wird nur noch das Systemimage der VM aktualisiert, dann steht die neue Version allen Anwendern zur Verfügung.
Das Citrix HDX-Protokoll, das die Verbindung zwischen Client beziehungsweise Citrix Receiver und der virtuellen Maschine herstellt, ist sehr flexibel und adaptiert sich nicht nur an die zur Verfügung stehende Bandbreite der Netzwerkverbindung, sondern auch an die Client-Hardware, beispielsweise die Eingabeperipherie – Touch, Maus, 3D-Maus – und die Leistungsfähigkeit des Clients. Beispielsweise können Videos für „schwachbrüstige“ Clients im Server gerendert werden oder auf leistungsstärkeren Clients lokal.
Mit der Grid-Techologie setzt sich Nvidia beziehungsweise PNY von den Konkurrenten ab. Allerdings steht der freien Nutzung von virtualisierten CAD-Arbeitsplätzen bisher noch die Lizenzierungspolitik der meisten CAD-Hersteller entgegen, die Lizenzen auf die Nutzung in einem bestimmten Land limitieren – ich habe das hier schon einmal besprochen. In einer virtualisierten CAD-Umgebung kann es dem Anwender schlicht egal sein, wo der Server steht, auf dem seine CAD-Umgebung läuft. Die CAD-Systemhersteller haben bisher teils sehr unterschiedliche Preise in den Regionen und sehr hohe Preise für weltweit nutzbare Lizenzen. Hier müssen pragmatische Lösungen gefunden werden.