Website-Icon EngineeringSpot

SolidWorks 2015 – Immer noch viel Neues

Letzte Woche stellte seine neue CAD-System-Version vor. Ich habe anlässlich des Bechtle-Kundentags schon in zwei Artikeln über einige Neuerungen gesprochen, die Pressekonferenz brachte jedoch weiter interessante Neuerungen zutage. Produktmanager CER hatte mir versprochen, dass er für mich eine Neuheit findet, von der ich noch nie gehört habe – und er hat Wort gehalten.

präsentiert die aktuellen Lizenzzahlen von SolidWorks.

Eröffnet wurde der Event von Region Manager Uwe Burk, der unter anderem die Zahl von 2,5 Millionen Studenten weltweit nannte, die im Studium mit SolidWorks arbeiten und auf diesem System ihre Abschlussarbeiten erstellen. Übrigens gibt es auch fast 2,5 Mio. kommerzielle User weltweit, so dass aus Sicht des Herstellers der Nachschub an potentiellen Anwendern gesichert sein dürfte. SolidWorks trug im Jahr 2013 mit 555,1 Millionen Dollar Umsatz mehr als 20 Prozent zum Gesamtumsatz der Dassault Systèmes-Muttergesellschaft (2,07Mill. Euro) bei.

Die Region Central Europe (CER, bei Dassault Systèmes umfasst die Region DACH und die osteuropäischen Anrainerstaaten), für das Burk zuständig ist, trägt überdurchschnittlich zum guten Ergebnis bei, die Herausforderung im Vertrieb ist Multi-Product, SolidWorks möchte also neben dem CAD-System weitere Produkte in den Kundenunternehmen platzieren, beispielsweise Mechanical Conceptual, Composer oder die Vollversionen der in den großen Paketen enthaltenen Zusatzprodukte.

Seit dem Jahr 2010 liegt die Kundenzufriedenheit in den regelmäßig durchgeführten Umfragen bei über 90 Prozent, was unter anderem auch den gut ausgebildeten und kundenorientierten Resellern zu verdanken sei. Industrial Conceptual, das neue Industriedesign-Tool, befindet sich derzeit in der „Lighthouse“-Phase, in der Referenzkunden das System im produktiven Einsatz testen. Unter diesen Pilotkunden sind vier deutsche Firmen, eine weitere soll demnächst dazustoßen.

Dassault Systèmes investiert stark in die Rechenzentren, auf denen die Cloudbasierten Lösungen der 3DExperience laufen; zu den bestehenden drei Rechenzentren in den USA, Europa und Japan sollen im Verlauf eines Jahres vier weitere hinzukommen. Burk erwartet auf der SolidWorks World 2015 die Vorstellung einer „Collaborative Sharing“-Lösung – man darf gespannt ein, was sich dahinter verbirgt.

Andreas Spieler betonte die hohe Qualität, die neue SolidWorks-Versionen inzwischen erreichen, „früher traute sich kaum einer, bei ‚Service Pack 0′ einzusteigen, heute ist das anders.“ Weltweite Betacamps, in denen die neue Version von Usern auf Herz und Nieren getestet werden, tragen dazu bei. In diesem Juli trafen sich in der deutschen Niederlassung bei München Anwender aus Unternehmen, die fast 5000 User repräsentieren, für eine Woche. Sie brachten eigene Modelle mit und testeten diese in der praxisnahen Anwendung in der neuen Version.

Krümmungskämme zeigen die Qualität gekrümmter Flächen auf einen Blick (Bild: SolidWorks).

Über die Verknüpfungsoption „Flächenmitte“, flexible Muster und Model Based Definition hatte ich schon berichtet, gut gefallen hat mir auch die Möglichkeit, die Kontextmenüs, die bei einem Klick mit der rechten Maustaste aufscheinen, individuell anzupassen. So lassen sich Mausklicks reduzieren und die Effizienz steigern. Im What’s New-Dokument – wie umfangreich die Neuerungen sind, zeigt die PDF-Dateigröße von acht Mbyte – aufgefallen sind mir Krümmungskämme. Diese bestehen aus Linienreihen, die senkrecht auf einer Linie auf einer Modelloberfläche stehen. Die Länge jeder Linie entspricht dem Krümmungsgrad an dieser Stelle. Sprünge in der Linienhöhe zeigen Unstetigkeiten der Oberfläche – ein wertvolles Instrument für designorientierte Anwender.

Ein neues Feature, das mir beim Modellieren sehr weiterhelfen wird, ist die interaktive Anzeige von Abhängigkeiten im Featurebaum, so sieht man sehr schnell, wo Probleme auftauchen, wenn man ein Element verändert oder löscht. Auswahlsets – das sind Mehrfachauswahlen, bei denen mit Hilfe der Strg-Taste mehrere Elemente ausgewählt wurden – lassen sich abspeichern und bei Bedarf wieder aufrufen. In Baugruppen lassen sich alle Freiheitsgrad bis auf einen bestimmten blockieren, was das Bewegen der Baugruppe vereinfacht. Die Funktion zum Explodieren von Baugruppen kann dies nun auch radial tun – sehr praktisch bei Baugruppen, die sich um eine Welle gruppieren.

Ketten bewegen sich realistisch – die neue Funktion „Kettenmuster“ macht’s möglich (Bild: SolidWorks).

Toll ist das neue Kettenmuster. Will man beispielsweise eine Energie- oder eine Antriebskette erstellen, genüpgt es, den Pfad, die Bauelemente der Kette, deren Kontaktflächen und bei Bedarf die Anfangs- und Endglieder festzulegen, dann erstellt SolidWorks eine Kette, die sich realitätsgetreu bewegt und die den Rechner dabei kaum zusätzlich belastet, wie dies sonst gerne bei wiederkehrenden Mustern der Fall ist.

Auch wenn SolidWorks mit MBD die Zeichnung überflüssig machen will, finden sich auch dort Neuerungen. Sehr schön ist die neue Winkelvermaßung, die nun selbständig Hilfslinien zur Horizontalen oder Vertikalen anzeigt oder auch eine Bemaßung auf der „anderen Seite“ des Winkels zulässt. Hinweislinien, beispielsweise zwischen Positionsnummernblase und Bauteil, können nun als Spline gekrümmt sein, in Änderungshinweisen wird die Zeichnungszone, in der die Änderung zu sehen ist, angezeigt. SolidWorks-Zeichnungsrahmen sind horizontal und vertikal mit A-Z und 1-9 beschriftet, so dass man einen bestimmten Bereich ähnlich wie auf einem Schachbrett mit beispielsweise „A5″ benennen kann. Diese Benennung ist nun in der Tabelle der Änderungshinweise sichtbar.

Die Aufzählung ließe sich fortsetzen mit Neuerungen in den Bereichen Simulation, Routing, Plastics, Flow Simulation oder Costing. Über SolidWorks Inspection muss ich bald mal einen eigenen Artikel schreiben. Enterprise PDM kann jetzt auch Officedaten verwalten.

Treehouse: Top-Down oder Bottom Up – die Baugruppenstruktur bleibt im Griff (Bild: SolidWorks).

Das Highlight, das Andreas Spieler dann „exklusiv für mich“ zeigte, ist Treehouse. Dabei handelt es sich um ein Baugruppenverwaltungstool, das den Top-Down-Ansatz ermöglicht. Dabei definiert man eine Baugruppenstruktur „von oben“, also ausgehend vom kompletten Produkt beziehungsweise der Hauptbaugruppe, über Unterbaugruppen bis hin zu den Einzelteilen. SolidWorks erstellt für jedes Element eine leere Baugruppe oder ein leeres Teil; diese können dann nach und nach mit Inhalten gefüllt werden – oder man verknüpft schon bestehende Baugruppen und Teile in die Hierarchie hinein. Treehouse kann bestehende Baugruppen analysieren und deren Baumstruktur extrahieren, so dass eine eingehängte Baugruppe sich genau wie eine in Treehouse definierte verzweigt. Das ist ein wirklich interessantes Tool, mit dem sich die Metastruktur hinter Baugruppen analysieren und aufbauen lässt.

SolidWorks zeigt mal wieder, dass das System noch lange nicht am Ende. Die deutschen SolidWorks-Repräsentanten rechnen damit, dass sie bis zur Rente mit diesem System arbeiten werden. hat übrigens auch den aktuellen Parasolid-Kernel, so dass auch an dieser Front kein Stillstand herrscht.

Ich finde es schön, wie das System reift, es ist eben immer etwas zu tun und zu ergänzen – auch wenn Missgünstige immer wieder von einer verlangsamten Entwicklung oder gar einem Stopp sprechen. Der Hersteller findet immer wieder Optimierungsmöglichkeiten, ganz neue Funktionsbereiche wie Inspection, MBD und Treehouse zeigen, dass es nach wie vor weitergeht – nur eben nicht revolutionär, sondern eher evolutionär. Die Anwender, die produktiv mit dem System arbeiten, werden es danken.

 

 

Sei der Erste, der diesen Beitrag teilt

Die mobile Version verlassen