„The value of the product is nothing if the value [of the product] to me is not there“ – dieses Zitat aus der Keynote zu den CeBIT Clobal Conferences von Bernard Charles, dem CEO von Dassault Systèmes, ist eine gute Erklärung des Begriffs 3DExperience. Das zweite Zitat, das mich noch beschäftigt hat, ist: „People will not accept anymore to have a static value of the product“. Die Umwälzungen, die Digitalisierung, Internet of Things und „Erlebniszentrierung“ unweigerlich bringen werden, können zu einer neuen Trivialisierung, aber auch zu ganz neuen, ganzheitlichen und nachhaltigen Produkten führen.
Die Apple-Jünger mögen mir den Kopf abreißen, aber die Präsentation der Apple Watch war für mich eine der typischen Luftnummern, die viele mit modernen Gadgets verbinden. Es wurde vorgestellt: Eine Uhr, die nicht besser kann als die Konkurrenz, aber zu völlig abgehobenen Preisen. Der Aufschlag zwischen der Apple Watch mit Gummiarmband und derselben Uhr mit Metallgliederarmband beträgt 450 Euro, Leder kostet auch schon 100 Euro extra – wir sprechen von Uhrarmbändern! Das Gliederarmband alleine kostet sogar 500 Euro, Leder zwischen 170 und 270 Euro.
Rechtfertigt „Experience“ jeden Preis?
Dabei bietet die Apple Watch in Bezug auf die Technik nichts Ungewöhnliches, der Akku ist nach 18 Stunden leer – meine Pebble kommt auf fünf Tage. Herzfrequenz- und andere Sensoren bietet unter anderem auch die Samsung Galaxy Gear Fit für um die 100 Euro. Im Gegensatz zu anderen Smartwatches ist die Apple Watch natürlich exklusiv an das IPhone gebunden – die anderen unterstützen alle auch Android.
Das ist für mich Trivialisierung: Der Fokus geht weg von der technischen Funktionalität, hin zu Äußerlichkeiten und Status. Der Wert der Apple Watch – vor allem in ihrer Ausprägung als 18.000 Euro teure Edition-Variante – liegt nicht im Wert des Produkts an sich, denn der Preis lässt sich über Herstellung, Materialien oder andere harte Fakten nicht ansatzweise erklären. Der Wert liegt rein beim Besitzer, der mit der Apple Watch ein Statussymbol – eine „Experience“ – kauft: „Das ist mir das wert.“
Diese Entwicklung hatte Charles mit seinem Zitat sicherlich nicht gemeint, als er vom Wert des Produkts für den Besitzer sprach. Bei der „Experience“ im Sinn der Dassault’schen 3DExperience geht es darum, Produkte so intelligent zu machen, dass sie für den Nutzer Mehrwert bieten. Meine – übrigens mit SolidWorks entwickelte – Pebble ist ein gutes Beispiel dafür, ich trage meine „dummen“ Uhren praktisch nicht mehr und wenn, dann fehlt mir die Zusatzfunktionalität. Die Pebble Steel, die ich habe, hat allerdings nur begrenzten Statuswert. Ich werde höchstens von anderen Geeks darauf angesprochen, durch das schwarz-weiße Display, das der Hersteller sehr bewusst gewählt hat, um die Akkulaufzeit zu maximieren, fällt die Uhr kaum als Smartwatch auf. Hier steht der technische Wert für den Nutzer im Vordergrund.
Auf Industriethemen wie Industrie 4.0 übertragen, bedeutet „Experience“, dass Maschinen und Werkstücke intelligent werden und, mit ihren virtuellen Datenpendants verknüpft, Mehrwert bieten. Das zweite Zitat bringt mich zur Nachhaltigkeit: Wenn ich ein Produkt oder eine Maschine sehr einfach durch ein Softwareupdate mit neuen Funktionen aufrüsten und modernisieren kann, kann ich das Produkt oder die Maschine länger nutzen. Wenn intelligente Maschinen mehr Flexibilität bieten, muss bei einer Umrüstung weniger physikalisch umgebaut werden, eine Neuprogrammierung reicht vielleicht schon aus – weniger Abfall, weniger kostspielige Neuteile fallen an.
Richtig verstanden und umgesetzt, bringt die Experience Economy viel Positives, Mehrwert, Funktionalität, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit. Wenn es allerdings bei der „Experience“ nur darum geht, mittels eines „Cool“-Faktors horrende Gewinne zu erzielen, läuft die Entwicklung in die falsche Richtung. Ich denke, Dassault Systèmes ist auf dem ersteren, richtigen Weg, das zeigen auch die vielen Beispiele aus Bereichen wie Medizin oder Smart Cities.