Mit Model Processor veröffentlichte Inneo vor zwei Jahren ein ursprünglich für den internen Gebrauch entwickeltes Werkzeug, das bestimmte Aktionen auf eine große Menge von Pro/Engineer- und Creo-Dateien anwenden kann – typischerweise, um die Qualität und Konsistenz der Daten zu erhöhen. Ich sprach mit Inneo-Geschäftsführer Helmut Haas über die Erfahrungen in der Praxis.
Inkonsistenzen lassen sich in kaum einer PDM-Datenbank beziehungsweise einem CAD-Datenpool vermeiden. Dabei spielt mangelnde Disziplin bei der Dateneingabe gar nicht die größte Rolle; Firmenstandards ändern sich, Abteilungen mit bisher getrennten Datenbeständen werden zusammengelegt, Firmen übernommen. Das wird vor allem bei der Einführung eines PDM-Systems zum Problem, weshalb Inneo im Rahmen seiner GeniusTools Model Processor entwickelte – schließlich will man die Metadaten und Parameter in den Dateien in der Regel nutzen, um möglichst viele Metadatenfelder der PDM-Datenbank automatisch zu füllen.
Vor dem Import ist es daher sinnvoll, die Daten möglichst optimal vorzubereiten. Beim Datenbankimport verhindern oft doppelt vergebene Datei-, Modell- oder Variantennamen die saubere Datenübernahme, denn bei referenzierenden 3D-CAD-Systemen ist es nicht möglich, Modelle mit gleichen Dateinamen zu verwenden. Solange die CAD-Daten in Verzeichnissen liegen, fällt dies oft nicht auf. Die Daten manuell vorzubereiten, ist sehr langwierig und fehleranfällig, dabei ist ein gewisses Know-how erforderlich, um die Felder sinnvoll zu füllen – ein Outsourcing also oft nicht möglich.
Model Processor findet kaputte CAD-Daten
In der Model Processor-Programmoberfläche definiert der CAD-Administrator die zu bearbeitenden Daten und die durchzuführenden Aktionen. Die Software liefert dann die veränderten Modelle, Reports und Logdateien. Das Abspeichern der Daten ist eine Aktion, die für Probeläufe einfach weggelassen werden kann – so lange, bis die Ergebnisse den Erwartungen entsprechen.
Ein Kunde nutzt diese Abfragen ohne Speichern in der Praxis sehr intensiv, wie Haas im Gespräch erläutert – er ruft mit Hilfe des ModelProcessor 1,7 Millionen CAD-Modelle in Creo auf. In einem Report sieht er dann, welche Datensätze sich nicht laden ließen. Diese fehlerbehafteten CAD-Modelle können dann teilweise automatisiert über den ModelProcessor oder bei grobem Abweichungen auch manuell repariert werden.
Die Reports, die im PDF- oder Excel-Format ausgegeben werden, sind nicht nur eine Dokumentation, sondern in vielen Fällen ein wichtiges Ergebnis des Bearbeitungslaufs. Typischerweise steht am Anfang einer Bearbeitung ein Suchlauf, der zum Beispiel im Report eine Liste der in den Modellen definierten Materialien ausgibt. Auf dieser Basis lassen sich dann weitere Aktionen definieren, die etwa falsche Materialeinträge korrigieren. Model Processor greift auf Metadaten, Folien und Referenzen der 3D-Modelle zu, geometrische Änderungen sind also nicht im Fokus der Anwendung.
Mit Hilfe von „Und“- und „Oder“-Filtern lassen sich Aktionen verknüpfen, beispielsweise „Wenn einem Teil kein Material zugewiesen ist und es gleichzeitig zu Kategorie X gehört, dann trage Material Y in das Feld Z ein“. Texte lassen sich ersetzen, Parameter, Materialien, Toleranzen, Einheitensysteme und Ansichten zuweisen, Familientabellen verifizieren oder auch Bilder erzeugen, die im Report auftauchen. Die Beziehungen in Modellen und Baugruppen sind ein weiteres Einsatzgebiet des ModelProcessors. In Zeichnungen lassen sich mit einem Lauf sehr schnell viele Zeichnungsrahmen austauschen.
Zusammenarbeit mit Windchill
Eigene Aktionen lassen sich ebenfalls erstellen, indem Mapkey- oder Trail-Makros, die beliebige Creo-Abläufe ausführen, in Aktionen integriert werden. Model Processor kann sogar Teile automatisch aus Windchill auschecken und bearbeiten.
Ein Model Processor-Projekt umfasst in der Regel eine ganze Reihe von Aktionen, die nacheinander ablaufen. Dieser Gesamtablauf lässt sich mit allen zugehörigen Daten abspeichern und mit Hilfe der Software „Model Processor User“ auf einem anderen System wieder aufrufen. So kann der CAD-Administrator typische Abläufe vordefinieren, die dann die Konstrukteure an jedem Modell ablaufen lassen. ModelProcessor wendet ein Aktionspaket je nach Bedarf auf ein aktuell in Creo geladenes Modell oder auf eine ganze Reihe von Modellen an, die beispielsweise in einem Verzeichnis liegen oder in einer Dateiliste definiert werden. Die Software kann sogar neue Modelle erzeugen.
Herr Haas, wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Model Processor in den zwei Jahren seit der Markteinführung?
Wir sind ja mit dem Anspruch gestartet, ein „Schweizer Taschenmesser für den CAD-Administrator“ anzubieten. Inzwischen hat sich die Software jedoch aus dem Administratorbereich herausentwickelt und wird sehr oft von den Anwendern selbst benutzt. Das hatten wir so nicht vorausgesehen. Inzwischen sind über vier Millionen Speichervorgänge abgerechnet worden, ein Vielfaches an Modellen lief durch Abfragevorgänge ohne Speichern.
Viele unserer Kunden nutzen Model Processor beispielsweise, um vor dem Einchecken der Daten ins PDM-System die Einhaltung der Konstruktionsrichtlinien zu überprüfen. Dazu legt der Administrator eine Abfrage an, die ja nach Anforderung die Genauigkeitseinstellungen des 3D-Modells, die Folien, Benennungen und Parameter, die Inhalte des Zeichnungskopfes oder auch die richtige Definition von Einheiten und Variablen überprüft. Der CAD-Anwender kann dann die Abfrage über sein fertiggestelltes CAD-Modell laufen lassen und erhält einen detaillierten Bericht, was er wo noch zu ändern oder zu ergänzen hat. Das kostet das Unternehmen nichts, erhöht aber die Datenqualität in der Datenbank dramatisch. Ein Kunde wie AGCO Fendt nutzt 700 Lizenzen von Model Processor, um die Qualität seines weltweiten Datenbestandes zu erhöhen und abzusichern..
Und wie hat sich Model Processor technisch weiterentwickelt?
Ursprünglich startete ModelProcessor mit etwa 70 Aktionen, heute stehen über 100 zur Auswahl. Da haben wir viel Feedback von den Kunden erhalten und die Anregungen umgesetzt. Ganz wichtig war die Weiterentwicklung des Model Processor User, der genau die erwähnten Anwenderchecks ermöglicht – im MP User lassen nicht die Abfragen definieren, sondern eben vorgefertigte Abläufe durchführen. Das ist genau das Tool und die Funktionserweiterung, das die Anwender nutzen und das sie deutlich produktiver macht.
Wir haben auch eine ganze Reihe von Kunden, deren CAD-Rechner nicht mit dem Internet verbunden sind. Das verhinderte ursprünglich die Nutzung des Model Processor, da dieser als Online-Tool konzipiert war. Da haben wir inzwischen eine Offline-Version entwickelt, die auch solche Szenarien abdeckt und ModelProcessor somit in jeglicher Umgebung und Infrastruktur betrieben werden kann.
Wie nimmt der Markt die Software an?
Inzwischen sehr gut. Im ersten Jahr lief das Geschäft eher verhalten an, aber im Jahr 2014 konnten wir über 100 Neukunden gewinnen können – von der Einzelplatzinstallation bis zum Großkonzern. Dazu haben sicherlich der kostenlose Gastmodus und die umfangreichen Tutorials beigetragen. Zu den Kunden zählen auch Firmen, zu denen wir im PTC-Umfeld gar keinen direkten Zugang hatten, weil PTC diese Kunden selbst betreut – der Model Processor wird auch dort umfassend eingesetzt, da auch diese Kunden einen immensen Nutzen daraus ziehen.