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3D-Druckertest: bq Witbox – Stabiler Düsenjäger

Bei preiswerten 3D-Druckern scheint es zwei Grunddesigns zu geben: Entweder folgen sie der RepRap-Ästhetik mit einem Stangenwirrwarr und freiliegenden Kabeln, Motoren und Elektronikplatinen. Oder es handelt sich um schwarze Kisten nach Makerbot-Vorbild. Die Witbox, die der spanische Hersteller zum Test zur Verfügung stellte, zählt zur zweiten Art. Der Drucker hinterließ einen guten Eindruck mit sehr wenigen Minuspunkten.

bq Witbox mit umfangreicher Ausstattung

Schwarz, schwer, stabil: Die von bq (Bild: bq).

Die erste positive Erfahrung kommt beim Auspacken. Das Gerät ist sehr gut verpackt und in der Pappschachtel, die den Raum oberhalb des Druckers ausfüllt, finden sich nicht nur die Plexiglas-Seiten- und Deckscheiben, sondern auch Werkzeug, eine zweite Druckdüse, ein Kilo PLA und ein gedrucktes Handbuch für den Schnellstart. Zudem sind Nadeln zum Reinigen der Düse und ein Testdruck des jeweiligen Druckers beigepackt. Der Drucker selbst ist mit 28 Kilogramm sehr schwer, wofür der massive Stahlrahmen verantwortlich ist, der dem Gerät seine Stabilität verleiht. Allerdings sind auch die Füße des Druckers aus dem selben 2-Millimeter-Material gefertigt, was schnell für Kratzer in Oberflächen sorgen kann. Beim Testgerät waren vier gedruckte „Schuhe“ dabei, die allerdings gebrochen waren – ein idealer Einsatz für meinen Mendel90: Die STL-Datei von Thingiverse geladen, ausgedruckt, angebracht – fertig. Später habe ich die Schuhe mit der Witbox nochmal gedruckt, um die Präzision zu testen – tatsächlich passten die Witbox-Schuhe etwas besser. Ohne Schuhe lassen sich bis zu drei Witboxen stapeln.

Die Mechanik der Witbox folgt ebenfalls dem Muster der meisten „Kisten“-Drucker oder auch des kürzlich getesteten Neo: X/Y-Achse an der Decke und eine Bauplattform, die in Z nach unten fährt. Das Netzteil ist im Gerät untergebracht, so dass ein Betätigen des Ausschalters hinten am Gerät den Drucker komplett vom Stromnetz trennt. Es ist die in der RepRap-Szene weitverbreitete RAMPS 1.4-Steuerelektronik verbaut, die Schrittmotoren sind kräftiger als üblich. Die Mechanik macht insgesamt einen stabilen und aufgeräumte Eindruck, so kommen Energieketten zur Führung der Kabel und eine igus-Trapezspindel an der Z-Achse zum Einsatz. bq stellt seine „von der Fibonacci-Kurve inspirierte Filamentführung“ heraus, die aus nichts anderem als einem clever verlegten Teflonrohr besteht, sie erfüllt ihren Zweck allerdings sehr gut und vermeidet dabei den oft sehr unschön nach oben aus dem Gerät herausragenden „Schlauchbogen“. Die Filamentrolle wird hinten ans Gerät gehängt.

Nach dem Auspacken müssen Seitenscheiben und die mit Rändelschrauben fixierte Deckscheibe eingebaut und der Träger für die Druckplatte in die Z-Achs-Führung eingehakt werden. Dank der Filamentladefunktion der Firmware ist auch das Einführen des Werkstoffs schnell passiert und der erste Druck kann losgehen. Die vordere Tür ist mit einem Schloss gesichert, so dass beispielsweise Kinder daran gehindert werden können, während des Druckens in das Gerät hineinzufassen.

Hier die „Schuldigen“ für die Geräuschkulisse: Zwei große Lüfter in der Rückwand.

Beim Einschalten entwickelt der Drucker eine verblüffende Geräuschkulisse, mit dem Handy maß ich an der Rückwand des Geräts fast 80 dB, vorn waren es während des Drucks noch über 60 dB. Neben dem Netzteillüfter sind an der Rückwand der Witbox zwei 80mm-Lüfter eingebaut, die Luft aus dem Gehäuse ziehen. Diese laufen nach dem Einschalten des Geräts ständig mit Vollast, auch wenn nicht gedruckt wird. Eine Steuerung dieser Lüfter – und der Einbau von Silent-Versionen – wäre wünschenswert.

Ehrlich gesagt erschließt sich mir der Sinn dieser Lüfter nicht. Auf der bq-Website ist zu lesen: „Durch den geschlossenen Aufbau ist der Betrieb äußerst geräuscharm und verhindert gleichzeitig das Entweichen von Wärme und die Entstehung von Luftströmen.“ Naja, mit den zwei 80mm-Quirlen erzeugt man doch erst recht Luftströme und führt die Wärme ab, die eigentlich sogar wünschenswert ist.

Betrieb mit LCD und Knopf, aber ohne PC

Display, Bedienknopf und SD-Karte ermöglichen den Betrieb ohne PC.

Dann jedoch ist der Umgang mit dem Gerät sehr erfreulich. Die Witbox bietet mit einem LCD-Panel und Dreh/Druckschalter eine Bedienungsmöglichkeit direkt am Gerät, alternativ kann über USB vom PC aus gedruckt werden. Sinnvollerweise wird man jedoch die Druckdateien auf die SD-Karte speichern und von dort drucken – sonst muss der Rechner die gesamte Druckzeit über laufen, Energiesparoptionen sorgen in diesem Fall oft für abgebrochene Drucke. Der SD-Kartenslot ist hinter der Tür oberhalb des Panels angebracht, anscheinend war er früher etwas versteckter angebracht – man findet jedenfalls entsprechende Kommentare im Netz.

Sehr angenehm ist die Halterung der Druckplatte: Diese ist mit Magneten und einem Rastsystem auf dem Träger befestigt und lässt sich mit einem Griff herausnehmen. Das ist zum Ablösen der fertigen Teile sehr komfortabel. Die Druckplatte aus gehärtetem Glas ist beim Testgerät mit Buildtak belegt, das eine sehr gute Haftung beim Drucken mit PLA ergibt. Der Bauraum ist mit LED-Streifen beleuchtet, das blaue Licht sieht sehr modern aus, für das Arbeiten am Drucker wäre mir persönlich weißes Licht lieber.

Stabile Technik, saubere Kabelführung: Hier punktet die Witbox.

Die Witbox druckte bei mir einige Tage lang nahezu ununterbrochen, ohne dass es zu größeren Problemen gekommen wäre. Einige Male lösten sich Drucke von der Druckplatte, vor allem solche, die links oder rechts abseits der Mitte positioniert waren. Ähnlich ist mir das schon bei meinem Makerbot-Test aufgefallen; dieser ist an dieser Stelle ähnlich aufgebaut mit einer rechteckigen Platte, die breiter ist als die Positionen der Kalibrierschrauben. Mit etwas mehr Kalibrierarbeit sollte sich dies verbessern lassen. Die Platte war jedenfalls bis an den Rande eben, wie Messungen mit der Fühlerlehre ergaben. Allerdings war die Buildtak-Auflage relativ alt, dies könnte zu den Haftungsproblemen beigetragen haben – vielleicht ist auch der Luftzug der Lüfter schuld, die direkt hinter diesen Bereichen liegen.

Die Druckqualität war gut, sowohl mit dem mitgelieferten Filament als auch mit Material (Trjijexx-PLA) aus meinen eigenen Vorräten. Allerdings neigt die Witbox mit dem originalen, beim Slicer Cura mitgelieferten Profil beim Absetzen einer Druckbahn zum Ziehen eines Fadens. Besonders fällt dies auf, wenn an einem Druckteil oben sehr filigrane Strukturen entstehen sollen. Cura pausiert hier, um eine Mindest-Druckzeit pro Schicht zu erreichen – sonst kühlt das abgelegte Material nicht genügend durch – und dabei entstehen die Fäden, die sich allerdings leicht entfernen lassen. Das Fadenziehen ist kein Verhalten, das nur die Witbox zeigt, es ist ein allgemeines Problem der FDM-Drucktechnik und sollte sich durch Feintuning der Retract-Einstellungen verbessern lassen. Ebenso ist es mit kleinen Löchern bei sehr feinen Drucken, die durch die sehr geringe Durchflussrate des Filaments bei Schichten um die 0,05mm entstehen. Im Slicer lässt sich das optimieren – die Ergebnisse des GRR Neo waren in dieser Disziplin allerdings auch ohne Tuning besser.

Hohe Qualität: Linearlager und Trapezspindel von igus in der Witbox.

Sehr positiv fiel das zum Drucker mitgelieferte Cura auf. Die Software bringt im Lieferzustand ein Profil für die Witbox mit, angedeutete Z-Achse und Träger erleichtern die Orientierung auf der Druckplatte beim Positionieren der Bauteile. Cura slict extrem schnell und die Ergebnisse sind wirklich sehenswert. Durch das vorgefertigte Profil stimmen die Parameter und die ersten Drucke bringen schnell ein Erfolgserlebnis. Andere Slicer lassen sich jederzeit nutzen, da die Witbox mit GCode angesprochen wird wie die meisten preiswerten Drucker.

Nichtsdestotrotz bietet Cura im Expertenmodus alle Druckparameter an, es ist also jederzeit möglich, zu experimentieren. Das ist überhaupt eine Stärke der Witbox: Da sie viele Bauteile verwendet, die in der RepRap-Szene weit verbreitet sind – vor allem die RAMPS-Elektronik – kann der bastelfreudige Witbox-Besitzer ähnlich tief in das System eingreifen wie ein Selbstbauer; so sollte es problemlos möglich sein, statt der vorkompilierten Marlin-Firmwares, die bq auf seiner Website bereitstellt, eigene Firmwares zu kompilieren und darin zum Beispiel die Unterstützung eines Heizbetts für das Drucken von ABS freizuschalten.

Nicht billig, aber im Wortsinn „preiswert“

Die Witbox ist – im Vergleich zu Bausätzen, offenen RepRap-Versionen oder den „China-Clones“ – mit 1699 Euro inkl. MwSt. nicht preiswert, es steht allerdings ein europäisches Unternehmen hinter dem Drucker und es werden 24 Monate Garantie und die weltweite Lieferung von Ersatzteilen innerhalb von 72 Stunden versprochen. Da relativiert sich der niedrige Preis der auf ebay zu findenden China-Drucker aus obskuren Quellen schnell, wenn einmal etwas kaputtgeht. Das umfangreiche Zubehör – alleine der beiliegende Ersatzdruckkopf kostet schnell um die 50 Euro – tut ein Übriges, den Preis zu rechtfertigen.

Die ungewöhnliche Filamentführung in einer Spirale soll von der Fibonacci-Kurve inspiriert sein.
Gute Qualität mit kleinen Fransen: Der Marvin von 3D Hubs in 0,05mm-Schichten (links) und in 0,2mm-Schichten.

Im Test zeigte sich die Witbox als zuverlässiger und flotter Drucker, der einerseits ohne lange Testreihen qualitativ hochwertige Ergebnisse liefert, andererseits die Option freihält, alternative Slicer oder Firmware zu nutzen oder den Drucker aufzurüsten. Sehr positiv auch der einfach zu entnehmende Drucktisch und das umfangreiche Zubehör. Das klare Display, der Drehknopf und der integrierte SD-Kartenleser vereinfachen die Bedienung und machen einen laufenden PC überflüssig. Mit der Fibonacci-Zuführung hat bq eine gute Idee für eine Filamentführung vorgestellt, die die üblichen, nach oben stehenden Filamentrohrschleifen vermeidet.

Dank USB-Anschluss und Standard-Steuersprache lässt sich die Witbox mit Hilfe eines Raspberry und der – übrigens ebenfalls von bq unterstützten – Software Octoprint ins Netzwerk einbinden und dann im Browser steuern und überwachen. Minuspunkte erhält die Witbox von mir für die röhrenden Lüfter, für 1.700 Euro hätte man leisere Exemplare einbauen – oder die Lüfter ganz weglassen – können. Das Druckergebnis bei sehr feinen Strukturen und Schichten lässt sich ebenfalls noch etwas optimieren.

Das Druckmodell „Marvin“ stammt von hier.


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