Manchmal wundert man sich über Pressemeldungen zu Produkten, über die man schon lange berichtet hat. Aber das ist eben der Unterschied zwischen „angekündigt“ und „am Markt verfügbar“. So ging es mir mit der neuen Pressemitteilung von SolidWorks zum Modul Model Based Definition (MBD). Immerhin ein guter Grund, sich noch einmal tiefer damit zu befassen – immerhin hat MBD das Potential, den Produktdefinitionsprozess an entscheidender Stelle kräftig umzukrempeln.
In den meisten Betrieben wird 3D-Modellierung längst gelebt, das 3D-Modell wird nicht nur in der Entwicklung, sondern auch in der Fertigung und Montage genutzt. Trotzdem werden am Ende fast immer doch wieder Zeichnungen erstellt – und das ist ein sehr zeitaufwändiger Prozess, trotz automatischer Zeichnungsableitung im CAD-System.
Warum will die Zeichnung nicht sterben? Zwei Gründe stehen da im Vordergrund: Zum einen ist die Zeichnung in vielen Fällen ein Vertragsbestandteil, beispielsweise zwischen Lieferant und Kunde, oder sie wird zum Archivieren genutzt. Der zweite Grund sind die zusätzlichen Informationen, die heute sehr selten im 3D-Modell hinterlegt werden können: Form- und Lagetoleranzen, Oberflächenbeschaffenheit, Fertigungs- und Verarbeitungsanweisungen oder auch Kommentare.
SolidWorks MBD: Die Lösung für Archiv und Vertrag?
Die digitale Archivierung von Zeichnungen ist sehr gut geregelt: Mit PDF-A und TIFF stehen etablierte und genormte Standards zur Langzeitablage zur Verfügung, die den Vorteil haben, dass nachträgliche Änderungen praktisch unmöglich sind – eine TIFF-Datei einer Zeichnung hat also Beweiskraft, Manipulationen lassen sich nachweisen. Im 3D-Bereich kommen inzwischen erste Datenformate aus der Normung, beispielsweise JT. Aber es hat sich eben nicht – wie bei TIFF – ein Format etabliert, auch 3D-PDF ist noch im Rennen.
Mit SolidWorks MBD lassen sich nun Modelle in ein eigenes Modul überführen, in dem sich die fehlenden Informationen anbringen lassen. Zudem können in der Ausgabedatei Ansichten definiert werden, so dass der Betrachter bestimmte Bereiche und Informationen nicht suchen muss, sondern direkt in der richtigen Perspektive angezeigt bekommt. Zusätzlich ist das 3D-Modell beliebig dreh- und zoombar, so dass der große Vorteil des 3D-Modells – die im wahrsten Sinn des Wortes plastische Darstellung – erhalten bleibt. Hinzu kommt der Vorteil der Zeichnung: Die Darstellung so zu wählen, wie eine optimale Informationserfassung möglich ist.
Das Format und Layout der Ausgabedatei lässt sich anpassen, Firmenlogos Metaeigenschaften und andere Zusatzinfos und Layoutelemente beliebig platzieren. SolidWorks MBD unterstützt die Standards Military Standard 31000A, ASME Y14.41, ISO 16792 und DIN ISO 16792 (Technische Produktdokumentation – Verfahren für digitale Produktdefinitionsdaten) und gibt die Daten als 3D-PDF oder eDrawing aus.
Solidworks MBD deckt zahlreiche Anwendungsszenarien ab: die Weitergabe von Bauteil- und Montageinformationen an die Fertigung, das Einholen von Angeboten durch den Einkauf oder die Erstellung von Prüfberichten für die Qualitätssicherung. Das Modul soll um die 1.800 Euro kosten.
SolidWorks erweitert sein CAD-System, wie ich finde, an einer sehr interessanten Stelle: Endlich wird die Zeichnung überflüssig. Wenn MBD nun noch ISO 24517 (PDF/E) unterstützen würde, die ein 3D-PDF-Format standardisiert, wäre die Eignung der Daten für die Langzeitarchivierung auch gewährleistet. Nun allerdings beginnt die Arbeit im Unternehmen erst: Jetzt muss geklärt werden, ob diese 3D-Formate von Kunden und Lieferanten als „vertragsfest“ akzeptiert werden, zudem müssen entsprechende Workflows und Schnittstellen etabliert werden. Das Werkzeug ist – für SolidWorks-Anwender – jedenfalls verfügbar.