Website-Icon EngineeringSpot

Die 3D-Druck-Hölle oder: Vom Wert des Selbermachens

Auf der Website „Shitty Gifts“ werden unmögliche, hässliche und völlig sinnlose Produkte vorgestellt wie der Dipr, ein Halter, mit dem man Oreo-Kekse in Milch tauchen kann, ohne sich die Finger dreckig zu machen. Nun hat sich „Shitty Gifts“ dem 3D-Druck gewidmet und für mich die eine oder andere tatsächlich bedenkenswerte Frage aufgeworfen. Die Kernfrage lautet: „Warum tue ich mir das an?“

So sieht’s im Mülleimer eines -Enthusiasten aus.

Der Artikel ist überschrieben: „3D Printers: The Ultimate Rage Machine“. Und nach anderthalb Jahren mit einem selbstgebauten 3D-Drucker muss ich zugeben: Da ist was dran. Ich kenne kaum ein technisches Gerät, das solch ein „In-den-Wahnsinn-treiben“-Potential hat wie ein 3D-Drucker. Von der Inbetriebnahme – beim Eigenbaudrucker gewürzt durch die ganzen Fehler, die man selbst eingebaut hat – über die Kalibrierung bis zum ersten Druck, der einfach nicht auf der Druckplatte haften will – es ist ein harter Job. Aber, wie schon Nick Stone sagte: „Es ist ein Drecksjob, aber irgendjemand muss ihn machen.“

Schön ist auch die Erfahrung, wenn man direkt vom PC aus druckt und nach zehn von elf Stunden Druck die Energieverwaltung den PC abschaltet. Oder ABS, das sich beim leichtesten Luftzug so verzieht, dass es sich von der Platte löst. Steuerungen, die sich in Rauch auflösen, Motoren, die Schritte verlieren, Endstops, die immer an sind, außer sie werden getriggert… Die Möglichkeiten, von einem 3D-Drucker in den Wahnsinn getrieben zu werden, sind nahezu unendlich. Es gibt ganze Seiten, die sich mit gescheiterten 3D-Drucken beschäftigen.

Wie es in dem Artikel auf „Shitty Gifts“ so schön über die „3D-Drucker-Selbstbauer“ gesagt wird:

While they’ll brag about how much they’re learning and how much they really know about their machine, the reality is that they are just adding months of pissed off tinkering as a build up to the final let down that 3d printing just fucking sucks.

However, with the kit method you get the ultimate payoff. They’ll end up doubting their own skills when the printer doesn’t work right! Each failed print will be a soul crushing blow to their ego, slowly chipping away at their confidence. „Why didn’t this print right?“ and „what am I doing wrong“ will be their mantra. They’ll flood to online forums begging for help to no avail because no one can guess what you did wrong on your kit. Its just almost too perfect of a shitty gift to pass up.

Viele Versuche, jeweils von links nach rechts ist die Entwicklung sichtbar.

Warum tut man sich das dann trotzdem an? Ich muss sagen, dass ich beim Auf- und Umbau meines Druckers soweie in der täglichen Arbeit damit tatsächlich extrem viel gelernt habe und mir das Wissen nun bei der Arbeit mit Profidruckern definitiv weiterhilft. Und was der Artikel natürlich verschweigt: Man muss ja nicht auf der Ebene von Schlüsselanhängern, Yodas und Vasen stehenbleiben. Aber das bedingt natürlich, dass man sich von Thingiverse verabschiedet und mit 3D-CAD-Systemen auseinandersetzt. Dann werden die Anwendungen im Haushalt und in der Freizeit immer zahlreicher, 3D-Druck wird zu einem weiteren, zur Verfügung stehenden Fertigungsverfahren. Und es müssen ja nicht immer die komplexesten Dinge sein, die man 3D-druckt – oft sind es die kleinen Quick-and-dirty-Lösungen wie die Tablethalterung für ein Exotentablet, für das es keine Halterung zu kaufen gibt, oder meinetwegen ein Teesieb-Abtropfhalter, die das Versprechen des 3D-Drucks – schnell zu individuellen Bauteilen kommen – am besten illustrieren.

3D-Druck – auch nur ein Fertigungsverfahren mit Vor- und Nachteilen.

Um dies wirklich umzusetzen, muss man jedoch wissen, wie man 3D-Druck sinnvoll einsetzt und wie die Besonderheiten dieses Fertigungsverfahrens optimal einzusetzen sind. Dabei hilft mir meine Erfahrung mit dem Eigenbaudrucker jedes Mal. So weigerte sich der Mojo anfangs, einen einfachen Ring in voller Größe zu drucken – der Ring wurde immer skaliert. Das Problem war, dass sich die ursprüngliche Höhe nicht durch die Schichtdicke des Druckers teilen ließ und die Mojo-Software den Ring so skalierte, dass der Drucker den Ring optimal drucken kann. Als ich die Dicke des Rings im CAD-System entsprechend anpasste, gelang der Druck – man muss eben nur wissen, woran es liegt.

Kleine Lösung, schnell umgesetzt: Ein Teesiebhalter als Küchenhelfer

Das ist nicht anders als bei anderen Verfahren – beim Gießen muss ich auf Hinterschnitte achten, bei der Blechkonstruktion die Biegeradien des Materials berücksichtigen. Beim 3D-Druck sind es eben Überhänge, Druckrichtung, Materialparameter, Infill und so weiter. Ich lerne so etwas am liebsten „by doing“, und ein Eigenbau- oder Billig-3D-Drucker ist sicher ein probates Mittel, sich in die Technik einzuarbeiten. Ich würde allerdings dazu raten, sich in die einschlägigen Foren und Facebook-Gruppen einzulesen und mit einem Drucker zu beginnen, der möglichst weit verbreitet ist.

Ein Beispiel aus eigener Erfahrung: Meine Entscheidung, den 3D-Drucker mit 24 statt 12 Volt zu betreiben, war technisch sicher richtig, hat mir aber – neben einigem Lehrgeld in Form von durchgebrannter Elektronik – den Nachteil eingebracht, dass viele Lösungen nicht 1:1 umsetzbar sind.

Eine Rahmenhalterung für den Fahrradtacho – mit dem 3D-Drucker schnell gebaut.

Ich würde immer dazu raten, sich einen Billigdrucker zuzulegen, um in die Technik hineinzufinden. Dann ist man optimal aufgestellt, diese neue Technologie optimal zu nutzen. Für den professionellen Einsatz würde ich dagegen in jedem Fall auf ein entsprechend teures Profigerät setzen – wenn die Lernphase abgeschlossen ist, sind Basteleien einfach nur noch ineffizient. Wobei ich das Merkmal „Profigerät“ nicht unbedingt am Preis festmachen würde, sondern vor allem an dem Support, den mir ein Händler bieten kann. Ein Ultimaker, ein German RepRap oder andere Drucker in der Klasse zwischen 2.000 und 5.000 Euro können eine gute Wahl sein, wenn man die entsprechende Schulung und den Support bekommt, der ein reibungsloses Arbeiten ermöglicht.

Also: Augen auf, viel Geduld beim Einarbeiten und viel Kreativität beim Konstruieren eigener Lösungen – dann wird 3D-Druck nicht zum Frusterlebnis. Und sich mit selbstgedruckten Tierfiguren bei den Kindern einschmeicheln zu können, ist am Ende auch nicht schlecht :-)

Sei der Erste, der diesen Beitrag teilt

Die mobile Version verlassen