Heute gibt es von mir mal zwei Lesetipps, Blogbeiträge von geschätzten Kollegen, die mich am Wochenende erreichten und die ich sehr interessant fand. Michael Wendenburg diskutiert im Blog von Contact Software, ob die typische Vorgehensweise, erst PDM und dann PLM zu implementieren, die richtige ist. Monica Schnitger stellt in ihrem Blog ein Whitepaper vor, in dem sie über PLM-Ökosysteme nachdenkt.
Beide Texte haben aus meiner Sicht eines gemeinsam: Das Misstrauen gegen die große, monolithische Lösung „aus einer Hand“, die immer noch gerne propagiert wird. Natürlich ist es am einfachsten, eine Entwicklungsumgebung aus einem Guss zu haben, in der Daten völlig ohne Schnittstelle fließen, die eine stringente, einheitliche Bedienung hat und für die ein einziger Ansprechpartner verantwortlich ist. Aber diese Vision hat schon lange gewaltige Risse und es gibt wichtige Vorbehalte dagegen:
- Aus einer Hand = Aus einem Guss? Zum ersten sind Lösungen eines Herstellers nicht zwingend „aus einer Hand“. Die Anbieter im Markt haben über die Jahre eine Vielzahl von Lösungen zugekauft. Und die Integrationsarbeit in die eigene Lösung sind oft auf sehr unterschiedlichem Stand. Da werden im Hintergrund doch wieder Daten konvertiert, die Bedienkonzepte sind uneinheitlich – von „aus einem Guss“ kann da oft keine Rede sein.
- Wer sagt denn, dass ein Hersteller in allen Belangen optimale Lösungen bieten kann? Gerade im CAM-Bereich findet sich da schnell das Problem, dass eben nicht das CAM-Modul des CAD-/PLM-Herstellers die richtige Lösung darstellt. Da passt vielleicht der Postprozessor nicht zur eigenen Maschine oder eine bestimmte Fertigungstechnik wird nicht so unterstützt, wie dies ein spezialisiertes Produkt tut – und schon hat man einen Bruch in der schönen einheitlichen Lösung
- Äußere Zwänge – das dürfte der wichtigste Punkt sein. Die Geschichte mit der „grünen Software-Wiese“, also einer Implementierung ohne Berücksichtigung von Altlasten, hat schon vor 30 Jahren zu Zeiten von CIM nicht funktioniert. Jedes Unternehmen ist Zwängen ausgesetzt, die eine sortenreine Implementierung nicht zulassen. Sei es ein Kunde, der eine bestimmte CAD-Software erwartet, ein Altsystem, dessen Daten wichtig sind, oder technische Zwänge wie eine Fertigungsanlage, die ein exotisches CAM-System erfordert – es wird immer Gründe geben, dass die monolithische Lösung eben doch nicht das gesamte Unternehmen überspannt.
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Der eigene Tellerrand ist nicht das Ende der Welt. Ein Unternehmen ist meist eben doch größer als die Entwicklungsumgebung reicht – spätestens zum ERP-System werden Schnittstellen notwendig. Oder man denke an den Elektronikbereich – welcher CAD-Hersteller bietet hier eine eigene Lösung? Wäre das überhaupt sinnvoll, wenn ein Mechanik-CAD-Spezialist eine ECAD-Lösung entwickelt?
Es macht also durchaus Sinn, Software aus unterschiedlichen Quellen zusammenzustellen. Notwendig dafür ist eine gemeinsame technologische Basis, eine Plattform. Monica Schnitger liefert in ihrem lesenswerten Whitepaper dazu einige interessante Beispiele. Und Michael Wendenburg zeigt eindrücklich auf, dass die übliche Einführungsreihenfolge – CAD, PDM, PLM – eben nicht in Stein gemeißelt ist und durchaus auch eine andere Herangehensweise Sinn machen kann.
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.