Donnerstag und Freitag letzter Woche hielt mich die anscheinend unvermeidliche „Transatlantik-Grippe“ davon ab, den Abschlussartikel für die SolidWorks World zu schreiben, hier nun der Bericht vom dritten Tag des großen SolidWorks-Treffens in Dallas. Der letzte Tag ist traditionell den Neuheiten gewidmet, zum einen konkreten Erweiterungen des Portfolios, zum anderen einem Ausblick auf die nächste Version, die im Herbst auf den Markt kommt. Ich denke, das Warten hat sich gelohnt.
Kishore Boyalakuntla, Director Portfolio Management, stellte zunächst die erstaunliche Entwicklung vor, die Model Based Definition (MBD) genommen hat. Gestartet ist MBD als Modul für die Erzeugung „reicher“ 3D-Modelle, also von Modellen, die all die Zusatzinformationen erhalten, die gewöhnlich erst in der Zeichnung eingetragen werden – Toleranzen, Fertigungsinformationen, Oberflächenzeichen, Hinweise und vieles mehr. Boyalakuntla präsentierte eine ganze Suite weiterer Module, die in diesem Bereich entstanden ist – teils handelt es sich dabei um bestehende Module wie Costing und Inspection, die mit MBD-Daten arbeiten, teils um Zusatzapplikationen von Drittanbietern.
Neben die Geometrie treten nun Model Based Manufacturing, CMM, Costing und Inspection. Allen Modulen gemeinsam ist, dass sie die jeweiligen Informationen am 3D-Modell bereitstellen und im 3D-PDF-Format ausgeben können. So erkennt Model Based Inspection die in MDB angebrachten Toleranzen und bezieht diese in den Inspektionsbericht ein. Das vom kanadischen Messanlagenhersteller Origin entwickelte Model Based CMM erstellt aus den in MBD definierten Messpunkten automatisch NC-Programme für die Messmaschine. Ein weiterer interessanter Automatismus wurde am Beispiel der NC-Fertigung demonstriert: Das auf CAMWorks basierende Model Based Manufacturing (MBM) erkennt die in MBD enthaltenen Toleranzen und passt die vorgeschlagenen Fertigungsschritte an diese an. Im Beispiel war eine Bohrung zunächst mit einem Hundertstel Durchmessertoleranz definiert, woraufhin MBM eine Bohrbearbeitung vorschlug. Ändert man die Toleranz auf ein Tausendstel, so fügt die Software automatisch eine Hon-Endbearbeitung hinzu.
SolidWorks als Produktentwicklungsumgebung für das IoT
IoT ist auch bei SolidWorks ein wichtiges Thema. Das Unternehmen sieht sich mit der Mechanik des Basispakets, SolidWork Electrical und SolidWorks PCB optimal für die Entwicklung smarter Produkte aufgestellt. Zusammen mit von Dassault Systèmes bereitgestellten Applikationen wie Exalead und Netvibes, die das Management der IoT-Daten übernehmen, kann SolidWorks tatsächlich eine sehr runde Lösung anbieten.
Schließlich kamen die beiden Höhepunkte: Die Verkündung der Top10-Verbesserungswünsche, die von den Anwender eingegeben und gewählt wurden. Die Top10-Liste istz eine wichtige Leitlinie für SolidWorks, wenn es um die Optimierung des Systems geht, dementsprechend hoch ist die Chance, dass die in der Top10-Liste vetretenen Wünsche in Erfüllung gehen. Ich habe die Liste in der folgenden Galerie abgelichtet. Besonders gut gefallen hat mir die Nummer Eins der Liste, die von Darth Vader persönlich verkündet wurde: Die Rückkehr zum alten Farbschema der Ribbonleiste – ich hatte die fade graublaue Gestaltung ja auch schon als Negativpunkt beschrieben. Anscheinend ist in Service Pack 3 mit einer Option zu rechnen, das alte, bunte Farbschema wieder herzustellen – Hurra!
Noch interessanter war die Vorstellung der Neuigkeiten in Version 17, wie immer als Filmparodie verpackt. Diesmal musste Star Wars als Pate bereitstehen. Auch diese Neuigkeiten habe ich als Galerie aufbereitet.
Viele der beschriebenen Punkte lösten Beifall aus, ein echter Jubelsturm blieb jedoch aus. Wie es aussieht, wird SolidWorks 2017 ein eher optimierendes Update – das entspricht meinen Beobachtungen aus den letzten Jahren, dass SolidWorks nicht jedes Jahr das System kräftig umkrempelt, sondern nach einem Release mit größeren Änderungen – wie der neuen Oberfläche in SolidWorks 2016 – meist eine Version bringt, die eher auf Optimierungen ausgerichtet ist.
[Nachtrag: Inzwischen habe ich noch einen Videomitschnitt der SolidWorks 2017-Preview veröffentlicht.]
Die SolidWorks World 2016 zeigt: Mit SolidWorks ist zu rechnen
Jedenfalls zeigte SolidWorks auch in diesem Jahr wieder, dass man mit dem System auch in Zukunft rechnen kann, darf und muss. Mit den X-Produkten zeigt SolidWorks ein Cloudangebot, das, wenn XDesign hält was es verspricht, zum Beispiel für OnShape eine harte Konkurrenz bedeuten wird. Entwicklungen zu Subscription-Lizenzmodellen öffnet sich das Unternehmen, ohne die Kauflizenz abzuschaffen, wie dies Autodesk getan hat.
Die Zusammenarbeit mit Dassault zahlt sich nun aus, aus deren riesigem Funktionsbaukasten lassen sich speziellere Lösungen offensichtlich sehr einfach zusammenstecken, siehe XDrive oder auch Lösungen wie SolidWorks Make, ein Shop- und Konfigurationsssystem für hochindividualisierte Produkte und Build-to-order, das nur am Rande erwähnt wurde. Und das gute alte SolidWorks Desktop erfreut sich einer stabilen, kontinuierlichen Fortentwicklung, die keinerlei Ermüdungserscheinungen erkennen lässt – siehe MBD.
Die nächste SolidWorks World findet vom 05.-08.02.2017 in Los Angeles statt.