Auf einer Vor-Pressekonferenz zur Hannovermesse stellte Siemens heute unter anderem seine neuen Cloudlösung MindSphere vor, eine Lösung, mit der sich IoT– beziehungsweise Industrie 4.0-Lösungen erstellen lassen. Die Lösung stellt die Verbindung zu Maschinen her, sammelt die Daten und ermöglicht deren Auswertung.
Mit MindSphere begibt sich Siemens auf das Feld der Plattformanwendung, die Lösung ist sowohl als Public oder Private Cloud als auch On-Premise verfügbar, Das bedeutet, dass die Cloudlösung entweder bei Siemens oder einem anderen Anbieter oder eben auf eigenen Rechnern läuft.
In der Session zu MindSphere gab es einige interessante Zahlen: Ein Smartphone besitzt 6 Sensoren, ein Industriemotor kann bis zu 2.000 Datenpunkte liefern – das ist einer der Gründe, warum sich IoT im Privatsektor viel einfacher umsetzen lässt als in der Industrie. Siemens verkauft pro Jahr 2,5 bis 3 Mio. Geräte, die Daten liefern können. Und erst 3,5% der Fabriken weltweit haben eine Art von IoT-Infrastruktur – einen entsprechend großen Markt sieht Siemens für sich in diesem Bereich. In einer Goldmine kostet eine Stunde Stillstand zwischen 500.000 und 700.000 Doller – das zeigt, welche Ersparnis vorausschauende Instandhaltung bringen kann, also wenn ein beginnendes Versagen einer Maschine frühzeitig erkannt wird und diese schon vor dem endgültigen Crash repariert werden kann.
Sammeln und auswerten – einfacher mit MindSphere
MindSphere sammelt die Daten der Anlagen und speichert sie zunächst einmal ab. Siemens bindet sein gesamtes Steuerungs-Portfolio an MindSphere an, für bestehende Anlagen und Maschinen bietet das Unternehmen die Simatic IoT2000 an, eine Connectorbox beziehungsweise ein Industrie-PC, der die Daten der Maschine sammelt und in die MindSphere-Cloud sendet. Die Cloud läuft auf einer SAP-HANA-Datenbank, kann aber auch andere Datenbanksysteme anbinden.
Die gesammelten Daten können dann mit Hilfe von Applikationen, die in der Cloud laufen, ausgewertet werden. Siemens stellt einige einfache Apps bereit, beispielsweise ein Flottenmanagement und einen Visual Analyzer. Der Kunde kann weitere Apps und Auswertealgorithmen implementieren und auf der Cloud laufen lassen, dazu steht eine offene API bereit. Eine weitere API existiert zur Einbindung der Daten von Nicht-Siemens-Geräten. So kann der Kunde, beispielsweise ein Maschinenhersteller, die eigene Kompetenz in der Interpretation der Daten implementieren.
Siemens bietet zudem Best Practices, die bei der Implementierung helfen, sowie Funktionen zur Abrechnung, neudeutsch Metering und Billing. Auf dieser Basis lassen sich neue Geschäftsmodelle aufbauen, indem beispielsweise der Maschinenhersteller seinen Kunden die Maschine kostenlos zur Verfügung stellt und die Nutzung abrechnet (Pay per Use). Zudem vermarktet Siemens die Lösung gemeinsam mit den Kunden der MindSphere. Aktuell existiert auch für die Cloud selbst ein Pay-per-use-Modell, bei dem die Nutzer für deren Benutzung pro Einheit – Rechenzeit, Datenmenge usw. – zahlen, es sind wohl auch Pauschalen denkbar und wie erwähnt die Lizenzierung und der Betrieb auf eigenen Servern.
Siemens hat hier ein hochinteressantes Produkt: MindSphere sieht für mich wesentlich „fertiger“ aus als andere IoT-Angebote, beispielsweise von Dassault Systèmes oder PTC – in dem Sinn, dass die Datensammlungshardware, die Cloud und die Grundfunktionen schon vorliegen und einfach genutzt werden können. Man muss zwar für die Auswertung noch eigene Programmierung leisten, aber die Basis liefert Siemens schon einmal. Andere Anbieter liefern eher Plattformen, auf deren Basis Firmen ihre eigene IoT-Lösungen erstellen können – wesentlich individueller als in einer solchen „vorgefertigten“ Lösung wie MindSphere, aber eben mit weit größerem Aufwand. MindSphere sieht für mich wie eine Einstiegsdroge in Industrie 4.0 aus – und bietet durch die APIs durchaus die Möglichkeit, die Lösung immer stärker zu individualisieren. Aber die IoT-Einstiegshürde liegt mit MindSphere wieder etwas tiefer.