Der Preis eines Produkts ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren am Markt – und der Preis ist abhängig von den Fertigungskosten. Theoretisch sollte also jedes Produkt unter ständiger Berücksichtigung des optimalen Kostenpunkts entwickelt und konstruiert werden. Dass dies in der Realität nur selten so umgesetzt ist, hat damit zu tun, dass die Fertigungskosten in der Entwicklungsphase nur sehr schwer zu berechnen sind. Stimmt gar nicht – sagt die Schweizer Shouldcosting GmbH. Das Unternehmen hat einen innovativen Ansatz gefunden.
Eine ganze Reihe von CAD-Systemen bietet Costing-Module, die während der Konstruktion berechnen, was das gerade im Entstehen begriffene Teil kosten wird. Das Problem an dieser Berechnung sind die Basisdaten – was kostet eine Blechkantung oder eine gefräste Kontur wirklich? Zur Beantwortung dieser Frage gibt es zwei Ansätze: Externe Datenbanken oder das Durchkalkulieren.
Erstere Option bedeutet, auf Durchschnittsdaten zuzugreifen, die stimmen können, aber nicht müssen. Der Unsicherheitsfaktor ist dabei gewaltig und wahrscheinlich kristallisiert sich erst im Lauf der Zeit heraus, wie groß dieser Unsicherheitsfaktor ist. Im zweiten Fall ist sehr viel Arbeit notwendig, möglichst kleinteilig und trotzdem möglichst allgemeingültig Preise zu berechnen. Kann man Blechkantungen pro Zentimeter bepreisen oder ist der Winkel, um den gebogen wird, ausschlaggebender? Schon dieses kleine Beispiel zeigt, dass sehr viel Erfahrung notwendig ist, hier sinnvolle Werte zu finden.
Shouldcosting geht einen anderen Weg. Die Schweizer gehen von der Annahme aus, dass der Preis eines Bauteils eigentlich schon bekannt ist, da das Unternehmen schon eine Vielzahl ähnlicher Teile bei Lieferanten gekauft hat. „Wenn man hundert verschiedene Blechteile gekauft hat, muss man doch den Preis der hundertersten Blechteils berechnen können,“ so Hans-Peter Gysel, Geschäftsführer der Shouldcosting GmbH.
Shouldcosting erkennt Preistreiber-Geometrie automatisch
Der Costchecker von Shouldcosting nutzt Big Data-Techniken wie Data Mining und Data Analytics, um die im ERP- und im PDM-System vorhandenen Daten zu analysieren. Da Costchecker CAD-Modelle aller gängigen Systeme lesen kann, wird dabei auch die Geometrie einberechnet. Anhand bestehender Preise und der Geometrien kann das System die geometrischen „Preistreiber“ selbst identifizieren, beispielsweise bei einem Blechteil die Länge der Außenkontur, die Anzahl der Biegungen oder die Dicke des Blechs.
Anhand dieser Daten baut Shouldcosting ein Datenmodell auf, übrigens je eines pro Werkstoff, so dass Eigenarten des Werkstoffs das Ergebnis nicht verfälschen. Liegen pro Lieferant genügend Daten vor, lässt sich sogar ein Lieferanten-Datenmodell aufbauen, so dass die Preispolitik des Lieferanten berücksichtigt wird. Damit lässt sich individuell für jedes Bauteil der preisgünstigste Lieferant vorhersagen – übrigens zeigt sich hier auch, wenn der Lieferant seine Preise inkonsistent berechnet.
Auf Basis der Datenmodelle lassen sich die Kosten des Bauteils nun schon während der Konstruktion berechnen, dabei lassen sich im Costchecker-Fenster die Losgröße, das Material und andere Faktoren eingeben.
„Die Nachvollziehbarkeit der Berechnung ist extrem wichtig für die Akzeptanz“, sagte mit Hans-Peter Gysel während der Präsentation der Lösung. Da Shouldcosting auf Basis eigener, geprüfter – weil ja schon bezahlter – Preise arbeitet, lässt sich diese Akzeptanz schnell herstellen. Ist die Datenbasis für die Preisberechnung eines Bauteils nicht ausreichend, bietet Shouldcosting ebenfalls externe Datenmodelle an, die aber wiederum aus bestehenden Analysen bei Shouldcosting-Kunden stammen – natürlich anonymisiert. Dies dient jedoch nur als Fallback, wenn die eigenen Daten nicht ausreichen.
Der Ansatz von Shouldcosting ist faszinierend – mich überzeugt er mehr als andere Datensammlungen, die ich schon gesehen habe. allz oft werden Kalkulationssätze im ERP-System „mutwillig“ verändert, um kreativer kalkulieren zu können – Fakt ist, dass sehr viele Unternehmen ihre wahren Kosten gar nicht detailliert und belastbar kennen. Da Shouldcosting auf der Geometrie und den Preisen, die man in der Vergangenheit bezahlt hat, basiert, sind die Basisdaten „sauber“ – und damit die berechneten Kosten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit stimmig.