Zwei Dinge, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, aber für mich doch einen Zusammenhang haben: Die Bundesregierung beschließt eine Kaufprämie für Elektroautos und die Milchbauern bekommen nur noch 20 Cent pro Liter Milch. Dahinter steckt die Denkweise: „Der Markt entwickelt sich nicht so, wie ich es mir vorstelle, dann sollen Dritte dafür sorgen, dass die Realität an meine Vorstellungen angepasst wird“. Leute, so wird das nichts.
Die Automobilkonzerne versuchen seit Jahren, Elektroautos auf den Markt zu bringen, und die Regierung gibt das hehre Ziel aus, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen. Doch nichts passiert – zum einen wird die Reichweite als zu gering empfunden, wobei dieses Argument inzwischen immer mehr an Wert verliert – 200-300 km schafft der BMW i3, das reicht für den täglichen Arbeitsweg in den allermeisten Fällen aus.
Zum anderen aber sind die Autos dermaßen teuer, dass sie sich kaum ein Mensch leisten kann. Die Preisliste des i3, den ich schon einmal gefahren habe, beginnt bei knapp 35.000 Euro, da bekommt man auch einen Golf in Topausstattung mit vielen Extras. Das ist viel Geld für ein Auto, das bei den meisten als Pendler- und Einkaufsfahrzeug zum Einsatz kommt. Toyota ist nicht viel preiswerter, dort bekommt man ab knapp über 28.000 Euro einen Prius.
Die aktuelle Lösung ist jedoch nicht, dass sich BMW und andere nun überlegt, wie sie ein preiswerteres Elektrofahrzeug auf die Beine stellen können, denn es ist ja offensichtlich so, dass die Kunden die Autos nicht kaufen, weil sie die Erwartungen – und zu diesen zählt nun eben auch ein bestimmter Preispunkt – verfehlen. BMW könnte auch die Autos mit Verlust verkaufen, um die Stückzahlen zu erreichen, die man benötigt, um die Komponenten signifikant preiswerter einkaufen zu können. Nein. Die Lösung ist eine Prämie, die zur Hälfte der Steuerzahler bezahlt. Also repariert nun die Allgemeinheit den Fehler der Automobilhersteller – falscher Preispunkt.
Gestern war im Fernsehen ein Bauernfunktionär zu sehen, der angesichts des Preisverfalls – der durch ein weltweites Überangebot entstand – die Lösung parat hatte, die deutschen Bauern sollten auf den Weltmarkt liefern – am besten mit staatlicher Unterstützung. Die Logik ist toll: Andere Länder, beispielsweise Neuseeland, haben bessere Herstellungsbedingungen und können daher preiswerter produzieren und verkaufen. Mein Gegenmittel: Ich produziere in einem Hochpreisland immer mehr und subventioniere diese Erzeugnisse so lange, bis sie auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig sind.
Beide Beispiele zeigen eine Parallele: Es geht um Produkte, die die Erwartungen des Kunden nicht erfüllen. In beiden Fällen stimmt das Preis-/Leistungsverhältnis nicht. Das Elektroauto ersetzt meinen bisherigen Wagen nicht, kostet aber mehr als das Benzinauto mit der höheren Reichweite. Welchen Vorteil, der einen Mehrpreis rechtfertigt, hat Turbomilch von deutschen Turbokühen gegenüber neuseeländischer Turbomilch?
Der Maschinenbau, der Werkzeug- und Formenbau und viele andere Branchen haben das schon hinter sich, was der Milchmarkt gerade durchmacht: Auf dem Weltmarkt sind Mitbewerber aktiv, die einfach preiswerter sind. Kann man sich nicht mit besonderen Merkmalen von diesen Wettbewerbern absetzen, wird man nicht lange überleben. Deshalb haben sich die deutschen Unternehmen auf qualitativ hochwertigste und sehr innovative Produkte verlegt und mit dieser Strategie überlebt. Man muss sich auf die eigenen Stärken besinnen, aber auch die Anforderungen des Kunden im Auge haben und ständig überprüfen – dann gelingt es, sich vom Preisargument unabhängig zu machen.
Vielleicht sollten die Milchbauern in eine ähnliche Richtung denken – Qualitätsmilch aus der Region, regional vermarktet, am besten Bio – damit können die Neuseeländer nicht mithalten. Dass das klappen kann, zeigen Biomolkereien wie die in Tübingen.