Der Cenit Innovation Day am 24. November 2016 in der Motorworld in Böblingen stand ganz im Zeichen von Industrie 4.0 und Digitalisierung. Diese Themen sind aktuell in Wirtschaft, Produktion und IT omnipräsent, nicht selten bleibt die Diskussion jedoch abstrakt – es mangelt an konkreten Beispielen. Vor der Kulisse automobiler Legenden berichteten Cenit-Kunden wie Mahle oder thyssenkrupp System Engineering über ihre Lösungen, Erfahrungen und Erkenntnisse.
Industrie 4.0 verlangt nach disruptivem Denken
Eine der ersten und entscheidenden Fragen und Voraussetzungen vor dem Hintergrund von Industrie 4.0 ist jedoch nicht ob, sondern wie ein Unternehmen handelt. Will ein Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben, so müsse es radikal und unternehmensübergreifend umdenken, so die Forderung von Otto Schell, Vorstand der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG), zu Beginn der Veranstaltung. Erfolgreich werden und bleiben im Zeitalter der Digitalisierung diejenigen Unternehmen, die bereits auf strategischer Ebene disruptiv denken und handeln, so Schell. Mit der digitalen Transformation werden sich Branchengrenzen verwischen oder auflösen, Geschäftsmodelle werden sich anpassen oder neue entstehen.
Es gelte somit, die Organisationsstrukturen an die neuen, digitalen Strukturen anzupassen. Schell sprach sich zudem für Unternehmensnetzwerke und Kooperationen aus. Laut Schell gelte es auf der strategischen Ebene vier Anforderungen zu erfüllen, um zukünftig erfolgreich zu agieren: Simplifizierung, Standardisierung, Adaption und Digitalisierung:
- Der Einsatz von Software bestimmt den Digitalisierungsgrad und damit auch die IoT-Relevanz von Unternehmen (Simplifizierung).
- Prozesse, Daten, Werte und Systeme müssen agil und ohne großen Aufwand portierbar sein (Standardisierung).
- Geschwindigkeit von Veränderungen verlangt integrierte User Interfaces und „Self-Service“-Funktionen (Adaption)
- Künstliche Intelligenz wird in das transaktionale Prozessgeschehen eingreifen (Digitalisierung)
Schells klare Antwort auf die Frage, wann Unternehmen diese Fragen für sich klären sollen: „Wenn wir es nicht zeitig machen, läuft uns die Zeit davon.“
Durchgängige PLM-Systeme als Basis
Wie die Umsetzung der geforderten Aspekte Simplifizierung und Standardisierung konkret aussehen kann, verdeutlichte auf der Veranstaltung das Projekt der thyssenkrupp System Engineering GmbH (tkSY). Das Unternehmen wollte alle Produktdaten zentral in einem SAP-PLM-System halten und weltweit verfügbar machen. Gemeinsam mit Cenit entschied man sich, die historisch gewachsene PLM-Systemlandschaften zu konsolidieren und so die Komplexität im Hinblick auf Systemtechnik, -betreuung und -vielfalt entscheidend zu reduzieren.
Weitere Ziele war eine verbesserte Zusammenarbeit über alle Standorte des Unternehmens in Bezug auf Prozesse, Datenzugriff, Multi-CAD-Assemblies sowie Lieferantenintegration. Auf dem Innovation Day stellten die tkSY-Projektverantwortlichen die gemeinsam mit Cenit realisierte Lösung vor und diskutierten Erfahrungswerte rund um den Projektablauf, die -organisation sowie das erreichte Ergebnis. Deutlich wurde hierbei, welche entscheidenden Vorteile Unternehmen realisieren, wenn sie den Weg von PDM und punktuellem PLM hin zu einem durchgängig organisierten PLM-System wählen – und somit auch den notwendigen ersten Schritt in Richtung Industrie 4.0 gehen.
Einen integralen Bestandteil für den Multi-CAD-Ansatz bei tkSY bildet das SAP Engineering Control Center (SAP ECTR). Als weltweiter Pionier im Einsatz dieses Werkzeugs gilt ebm papst, Hersteller von Ventilatoren und Motoren aus dem baden-württembergischen Mulfingen: Um seine vielfältigen CAD-Werkzeuge zu integrieren und damit seine Konstruktionslandschaft zu optimieren, setzte ebm papst auf das SAP ECTR. Das Unternehmen beleuchtete in seinem Vortrag die Herausforderungen und Ergebnisse des Projekts und zeigte auf, welche Rolle die Entscheidung für SAP ECTR auf dem Weg des Unternehmens ins Industrie 4.0-Zeitalter spielt.
Cenit demonstriert „Lean KVP als Bestandteil von Innovations- und Änderungsprozessen“
Der Weg hin zur digitalen Transformation bringt neue Dynamik sowie neue Formen von Collaboration mit sich: Abläufe, Funktionen und Prozesse gilt es so zu gestalten, das Forderungen wie „design anywhere, produce anywhere“ erfüllt werden können. Wie diese Forderungen konkret umgesetzt werden können, verdeutlichte die Cenit unter anderem mit einer Live-Demonstration zum Thema „Lean KVP als Bestandteil von Innovations- und Änderungsprozessen“. Dank einer App, die als Add-on zur Cenit-Lösung cenitCONNECT APM fungiert, lassen sich Optimierungsprozesse quasi in Echtzeit gestalten.
Wie die Gestaltung eines globalen Änderungsmanagements erfolgreich in der Praxis umgesetzt werden kann, stellte Mahle auf dem Cenit Innovation Day vor: Mit dem Ziel, weiterhin zukunfts- und wettbewerbsfähig zu agieren, entschied sich der Automobilzulieferer, ein neues technisches Änderungsmanagement in den 15 weltweiten Entwicklungsstandorten einzuführen. Neben dem Anspruch, globale Projekte mit größter Effizienz zu verwalten, strebte Mahle nach maximaler Prozessdurchgängigkeit bei Aspekten wie Sicherstellung der Datenqualität, Dokumentation und Bewertung von Änderungen, Kostenplanung und -genehmigung, Zertifizierung sowie genereller Prozesskontrolle.
In einem gemeinsamen Projekt mit Cenit löste Mahle seinen bisherigen, sequentiellen Änderungsablauf auf Basis von Lotus Notes ab und führte eine neue SAP-PLM-Systemlandschaft ein, die den Ansatz des Multiprocessing optimal unterstützt. Das neue technische Änderungsmanagement basiert auf zwei Säulen: als Lösung für das End-to-End Prozessmanagement in SAP dient cenitCONNECT APM. Die Verwaltung der Zuständigkeiten erfolgt mit einer von Mahle entwickelten Responsibility Matrix. Die Kombination beider Lösungskomponenten eröffnet Mahle neben Effizienz und Transparenz im Änderungsprozess weitere Vorteile wie die Automatisierung von Routinetätigkeiten, Flexibilität in der Konzeption, Umsetzung und Anpassung von Prozessen sowie Skalierbarkeit von kleinen Teilaufgaben bis zu komplexen End-to-End Szenarien. Durch die Option des User-Self-Service der Responsibility Matrix wird nicht nur die von der Organisation unabhängige Definition der Verantwortlichkeiten jedes einzelnen Mitarbeiters unterstützt, sondern auch der Anspruch einer tatsächlich prozess- und ergebnisorientierten Arbeitskonzeption.
Da die Lösung nicht zuletzt den von Otto Schell geforderten Anspruch an Simplifizierung, Standardisierung und Adaption erfüllt, schloss sich wiederum der Kreis: Der Weg hin zu Industrie 4.0 wird dann erfolgreich beschritten, wenn ein umfassendes, unternehmensübergreifendes Umdenken auf strategischer Ebene von entsprechenden Konzepten und Umsetzung auf dem operativen Level weiter getragen wird. Die Entscheidung jedoch, ob und wie ein Unternehmen den Weg in die Industrie 4.0 beschreiten will, trägt es selbst.