Ich habe in der Formnext-Berichterstattung schon über Additive Minds berichtet, das Dienstleistungsangebot der Krailinger AM-Spezialisten von EOS. Nun berichtet das Unternehmen über einen interessanten Beratungskunden: Audi ist mit EOS eine Entwicklungspartnerschaft eingegangen. Die Beratungssparte Additive Minds unterstützt den Autohersteller bei der ganzheitlichen Implementierung des industriellen 3D-Drucks beziehungsweise des Additive Manufacturing (AM) und beim Aufbau eines entsprechenden 3D-Druck Zentrums in Ingolstadt.
Güngör Kara, Director Global Application und Consulting, erläutert: „Ziel ist es, Audi nicht nur mit den richtigen additiven Systemen und Prozessen auszustatten, sondern sie gleichzeitig bei der Applikationsentwicklung, dem internen Wissensaufbau sowie der Ausbildung ihrer Ingenieure hin zu Experten für die Additive Fertigung zu unterstützen.“
Audi ist schon seit längerem an der Additiven Fertigung interessiert, federführend sind die Bereiche Werkzeugbau und das Gießerei-Technikum der Planung. Bereits heute wird der industrielle 3D-Druck in der Praxis eingesetzt, vor allem in den Bereichen Betriebsmittel- und Prototypenbau sowie im Motorsport.
Im Bereich der Werkzeugherstellung hat Audi noch mehr vor. Zum einen soll AM die Herstellung von Geometrien ermöglichen, die bei der konventionellen Herstellung gefügt werden müssten. Hier sieht Audi den Vorteil, dass die Konstruktion die Fertigung bestimmt statt wie bisher umgekehrt die Restriktionen der Fertigungstechnologie die Konstruktion eingrenzten.
Zum anderen bietet AM bei der Serienfertigung große Vorteile, wenn beispielsweise Druckgusswerkzeugeinsätze und Warmumformsegmente mit dieser Technologie hergestellt werden. So lassen sich durch die mit AM mögliche, extrem konturnahe Kühlung den Fertigungsprozess positiv beeinflussen, beispielsweise durch eine optimale Temperaturführung und kürzere Taktzeiten. Möglich wird dies durch hochkomplexe, am Bauteil ausgelegte und additiv erzeugte Kühlkanäle, die konventionell bisher nicht umsetzbar waren. Konkret sorgt heute die optimierte Kühlleistung für eine 20-prozentige Zykluszeitreduzierung, die sich gleichzeitig auch positiv auf Energieverbrauch und Kosteneffizienz der Bauteile auswirkt.
Dr. Stefan Bindl, Team Manager Innovation Center, Additive Minds: „Audi war auf der Suche nach einem verlässlichen Entwicklungspartner und hat ihn in EOS gefunden. Wir freuen uns sehr darüber. Die enge Zusammenarbeit in Punkto Applikations- und Prozessentwicklung sowie beim internen Knowhow-Aufbau tragen maßgeblich dazu bei, dass Audi durch den Einsatz unserer Technologie schnell substantielle Effekte für das eigene Geschäft erzielen kann.“ Und er ergänzt: „Auch die räumliche Nähe zueinander erleichtert die enge Zusammenarbeit natürlich sehr.“
Jörg Spindler, Leiter des Audi Werkzeugbaus, sagt: „Wir haben eigens ein Kompetenzzentrum für 3D-Druck eingerichtet, um Erfahrungen mit den Werkstoffen und dem Prozess zu sammeln und sie zur Serienreife weiterzuentwickeln. Eine enge Zusammenarbeit mit Herstellern wie EOS, die hohes Innovationspotential in der Technologieentwicklung einbringen, ist für diese Ziele essentiell. Mit dieser Technologie können wir beispielswiese in Werkzeugen innenliegende Strukturen und Funktionen integrieren, die wir mit konventionellen Fertigungsmethoden bisher nicht abbilden konnten. Vor allem bei Bauteilen in kleinen Stückzahlen können wir auf Basis der Technologie nun schnell und wirtschaftlich Bauteile in Leichtbauweise erzeugen.“
Ich finde es toll, wenn sich Spezialisten aus zwei Bereichen zusammentun und beide Bereiche weiterbringen – und genau das passiert bei Audi: Der Fahrzeughersteller profitiert vom EOS-Knowhow, aber auch EOS profitiert, indem man lernt, welche Herausforderungen auf die eigenen Maschinen zukommen, wenn es in die reale Serienfertigung geht. Denn seien wir ehrlich: Eine echte additive Serienfertigung ist Neuland, hier kommen ganz andere Anforderungen auf die Maschinen, deren Software und die Prozesse zu, wenn es um großindustrielle Prozesse geht statt um Prototypen.