Mit den beiden Siemens-CAD-Systemen ist es wie mit Hase und Igel – mal bekommt der Eine eine Neuerung früher, mal der Andere. Im Bereich Synchronous Modeling ist üblicherweise Solid Edge das führende System, bei anderen Neuerungen kommt NX früher in den Genuss – beispielsweise beim Convergent Modeling. Neben dieser Möglichkeit zum Bearbeiten facettierter Modelle bietet die letzte Woche vorgestellte Version Solid Edge ST10 auch Neuerungen bei der Simulation, bei der Zusammenarbeit mit 3D-Druckern und CNC-Maschinen sowie bei der Teamcenter-Integration.
ST10 hat eine neue Funktion zum Erzeugen optimierter Bauteile. Mit wenigen Schritten wird das zu optimierende Teil sowie die Regionen definiert, die erhalten bleiben müssen, beispielsweise Schraublöcher und Anschlüsse zu anderen Bauteilen. Zudem müssen die Materialeigenschaften und Kräfte auf dem Bauteil festgelegt werden. ST10 rechnet dann mit einstellbarer Genauigkeit eine neue, gewichtsoptimierte Form aus. Auf den Videos sieht der Prozess sehr einfach bedienbar aus, Siemens bringt hier eine tolle Technologie in die Reichweiter vieler Benutzer.
Mit dem Convergent Modeling in NX 11 hat mich Siemens schon letztes Jahr beeindruckt, nun ist diese Technologie auch im Midrange-System Solid Edge ST10 verfügbar. Mit dieser Modelliertechnologie lassen sich facettierte Daten wie normale CAD-Daten bearbeiten. Die Verbreitung facettierter Daten steigt – solche Daten, beispielsweise im STL-Format, kommen beispielsweise aus Software, die Gitterstrukturen erzeugt, oder auch aus 3D-Scans. Gitterstrukturen ermöglichen es, mittels 3D-Druck extrem leichte Bauteile zu erzeugen. Die Integration in konventionell erzeugte Geometrien war bisher jedoch sehr schwierig, weil sich facettierte Daten weder referenzieren noch bearbeiten ließen. So konnte eine Gitterstruktur nicht in eine Lücke eines Festkörpers eingepasst werden. Mit Convergent Modeling ist dies nun möglich.
Im Simulationsbereich ist die Strömungsanalyse hinzugekommen, mit dem Mentor Graphics-Kauf kam das Tool FloEFD ins Siemens-Portfolio und steht nun für CFD-Analysen in der Solid Edge-Oberfläche integriert zur Verfügung. Und die Integration soll später im Jahr noch tiefer werden, versprachen die Siemens-Verantwortlichen.
Die CAM-Software CM Express ist in der Einstiegslizenz von Solid Edge integriert und ermöglicht dem Benutzer die Erzeugung von 2- bis 2,5-Achs-Fräsprogrammen direkt im CAD-System. Auch die Zusammenarbeit mit 3D-Druckern wurde verbessert und das direkte Anliefern von Daten an verschiedene 3D-Druckdienstleister ist nun integriert.
Solid Edge ST10 integriert zudem neue Publishing-Funktionen, anhand derer sich schnell detaillierte Illustrationen von Konstruktionen erstellen lassen. Die Dokumente sind assoziativ mit den Originalinformationen der Konstruktionen verknüpft, um schnelle Updates bei Änderungen an der Konstruktion vornehmen zu können.
Neue Features im integrierten Solid Edge-Datenmanagement und die verbesserte Integration mit der PLM-Software Teamcenter sorgen für ein skalierbares Produktdatenmanagement, das Unternehmen aller Größen bei der Entwicklung hin zur Digital Enterprise unterstützt. Die Integration mit Teamcenter ermöglicht in der neuen Version unter anderem Komponenten-Klassifizierung und Arbeiten im Offlinemodus.
Mit dem Solid Edge-Portal steht nun eine cloudbasierte Lösung für die Zusammenarbeit mit anderen Anwendern, Lieferanten und Kunden zur Verfügung. Im Portal können Nutzer Dateien in cloudbasierte Ordner hochladen und dort verwalten. Gleichzeitig können sie plattformübergreifend in ihrem Browser Solid Edge-Daten und Daten vieler anderer gängiger CAD-Anwendungen betrachten.
Solid Edge ST10 ist voraussichtlich ab Sommer 2017 verfügbar.