Am 22.06.2017 veranstaltete Inneo in der Wiesbadener Kletterhalle Nordwand die 3. Europäische Keyshot World. Die Keynote übernahm Luxion-Gründer und Keyshot-Mastermind Henrik Wann Jensen, der gemeinsam mit seinem Bruder Claus angereist war. Die Vorstellung der Highlights der aktuell noch im Betastadium befindlichen neuen Version Keyshot 7 zeigte, dass mit diesem Release eine ganze Reihe sehr interessanter neuer Funktionen implementiert wurden.
Inneo-Geschäftsführer Helmut Haas eröffnete die Veranstaltung mit einigen beeindruckenden Zahlen: Inneo konnte in der 2010 vereinbarten Partnerschaft mit Luxion 1.600 Firmen als Kunden gewinnen, die Visualisierung mit Keyshot ist der am stärksten wachsende Bereich des Ellwangener Systemhauses. Jens Heineck, der bei Inneo für die Zusammenarbeit mit Keyshot zuständig ist und auch die Organisation der Keyshot Worlds verantwortete, konnte mit 260 Interessenten und Keyshot-Usern eine Rekord-Teilnehmerzahl begrüßen.
Oscarpreisträger und Chief Scientist bei Luxion Henrik Wann Jensen präsentierte die Neuheiten der kurz vor der Veröffentlichung stehenden Version Keyshot 7 und begann mit der überarbeiteten Benutzeroberfläche. Die Karteireiter, die die Befehle und Optionen anzeigen, lassen sich nun „abreißen“ und beispielsweise auf einen zweiten Monitor verschieben. Die Positionen der Unterfenster lassen sich als Workspace sichern und wieder aufrufen. Ebenso zum schnelleren Arbeiten tragen die in Keyshot 7 editierbaren Tastenkürzel für viele Befehle bei. Die Eingabefelder, in denen Einheiten sinnvoll sind, verstehen nun verschiedene Einheiten; die vorgeschlagene Basiseinheit richtet sich nach denen des Modells.
Die Umgebungen (Environments), in die das zu rendernde Teil gestellt werden, lassen sich nun im Environment-Tab direkt editieren, zudem wurde das Datenformat von Environments optimiert, so dass Umgebungen bei Speichern nun wenige Kilobyte statt Hunderter Megabyte belegen. Schließlich lassen sie sich in das HDR-Format exportieren und in Photoshop bearbeiten.
Viele kleine, aber wichtige Änderungen betreffen Geometriedarstellung und -handling. Die Tesselation Engine wurde überarbeitet, so lassen sich nun die Dreiecke, aus denen eine Keyshot-Geometrie besteht, neu berechnen – beispielsweise um die Qualität zu verbessern. Koplanere Oberflächen werden nicht mehr doppelt gerendert – was zu seltsamen Effekten führte – sondern der Renderer entscheidet sich für die erste im Scene Tree aufgeführte Oberfläche. Bleibt man mit dem Mauspfeil auf einem Eintrag des Scene Tree stehen, so wird das entsprechende Objekt im Modell hervorgehoben. Sehr beeindruckend ist die neue Fähigkeit, deformierbare Geometrie tatsächlich bewegen zu können. In einem Ausblick auf Keyshot 7.1 zeigte Henrik Wann Jensen eine Funktion zur Erzeugung von Schnittmodellen.
Das neue Exportformat FBX ermöglicht es, Keyshot-Modelle inklusive Struktur, Materialnamen und Farben sowie Texturen beispielsweise in Maya oder Alias zu exportieren, um dort Animationen hinzuzufügen, die nicht in KeyShot erzeugt werden können. FBX ist auch ein wichtiges Format in Windows 10 seit dem Creator’s Upgrade, so lassen sich gerenderte 3D-Modelle aus Keyshot 7 ex- und in Powerpoint importieren. Dort wiederum lassen sich die Modelle innerhalb einer Präsentation drehen und von allen Seiten betrachten – ideal für Produktvorstellungen.
Eine neue virtuelle Panoramalinse lässt sich unter anderem nutzen, um komplette Räume 360 Grad zu rendern und diese zum Betrachten mit einem Headset oder auch als Hintergrund für ein weiteres Rendering zu nutzen. Stereobilder für VR-Brillen lassen sich in Keyshot 7 ebenfalls direkt erzeugen.
Keyshot 7 unterstützt Render Passes – das sind Renderläufe, die folienartig übereinandergelegt werden, um verschiedene Effekte getrennt steuern zu können. So lassen sich beispielsweise Lichteffekte oder Spiegelungen auf einem Objekt in einen Renderpass verlagern, dann kann das Grundrendering eines Objekts schneller berechnet werden, die „Highlights“ werden dann erst über Render Passes nachträglich aufgebracht. Die zeitaufwändigen Rendereffekte lassen sich so erst am Ende aufbringen, wenn man Beleuchtung, Bildausschnitt und andere Parameter endgültig festgelegt hat. Die Renderpasses lassen sich als eigene Ebenen in Photoshop exportieren und dort weiterverarbeiten.
Texturen lassen sich genauer platzieren – beispielsweise lässt sich eine Textur genau 45 Grad um einen Zylinder wickeln – und bleiben beim Objekt, wenn dieses bewegt wird. Videotexturen ermöglichen es, dass beispielsweise auf dem Bildschirm eines gerenderten Laptops bewegte Bilder laufen. Die Helligkeit des Videos beleuchtet dabei den Raum und ermöglicht so extrem realistische Texturen. Videos lassen sich als Bump Maps verwenden, um Oberflächen eine bewegte 3D-Struktur zu geben.
Neue Materialien erweitern die entsprechende Bibliothek, darunter MJetallicfarben, bei denen dich die Farbe des Klarlack einstellen lässt, Cloudy Plastic und eloxierte Metalle, bei denen sich die Eloxalschicht sehr genau einstellen lässt. Sehr interessant finde ich die Toon-Materials, die eine Anmutung haben, als ob die Flächen des Modells von Hand koloriert worden wären. „Toons“ sind im US-Englisch Zeichentrickfiguren – Leser meines Jahrgangs werden sich bei einigen Materialien an das berühmte Video von A-ha – Take on Me erinnert fühlen. Toon Materials lassen sich sehr gut einsetzen, um zu zeigen, dass die dargestellte Geometrie erst vorläufig oder noch nur exemplarisch ist – beispielsweise kann man fotorealistische Felgen an einem Toon-gerenderten Auto darstellen, wenn es darum geht, die Felgen herauszuheben und das Auto nur eine „Beispielumgebung“ darstellt. Toon Materials und echte Materialien lassen sich in einem Rendering mischen, um solche Effekte zu erzielen.
Ein echtes Highlight ist die Funktion zum Aufbau eines Konfigurators. Mit Keyshot 7 lassen sich Webkonfiguratoren aufbauen, wie sie beispielsweise von den Seiten der Autohersteller bekannt sind. Der Anwender kann Farben und Features ändern und ein- oder ausschalten, das Bild wird in Echtzeit neu gerendert und dargestellt. Der Konfigurator lässt sich sogar mit einem Sales-System koppeln, so dass eine Konfiguration direkt gekauft werden kann. Hier greift Luxion mit einem extrem niedrigen Preis Branchenschwergerichte wie die Dassault Systèmes-Lösung 3DXcite – vormals RTT – an.
Weitere Vorträge und Workshops beschäftigten sich mit VR/AR und Mixed Reality, ein Kameramann verriet Tipps und Tricks zum professionellen Aufbau von Darstellungen, eine ganze Reihe von Vorträgen zeigte interessante Anwendungen der Keyshot-Software. Die Teilnehmer – von denen viele eher aus der Designer- als aus der Ingenieursecke kamen – zeigten sich sehr zufrieden mit der Veranstaltung.