Altair übernimmt Simsolid – das ist eine sehr interessante Nachricht, die da Ende letzter Woche hereinkam: Einer der Großen der traditionellen FEM-Simulation kauft den Pionier der netzlosen Simulation. Bei Altair sollen die Applikationsingenieure total begeistert sein – eliminiert Simsolid doch eine der größten Klippen der traditionellen Simulation, die Geometrievereinfachung und Vernetzung.
Vor vielen Jahren wollte ich mir auf dem Messestand von Inneo das damals neue Simulationssystem Procision erklären lassen, das Simulation ohne Netz versprach. Mir wurde dann gesagt, dass man entweder Matheprofessor oder wahnsinnig sein müsse, damit ich die Funktionsweise verstehe. Ich habe damals aufgegeben, weil ich weder das erstere bin noch das letztere werden wollte. Im Gegensatz zu mir versteht Dr. Victor Apanovitch, früher Professor an der Belarussischen Nationalen Technischen Universität, sehr viel von Mathematik, er hat die Technologie hinter Simsolid entwickelt und scheint auch hinter dem damals wieder in der Versenkung verschwundenen Procision zu stecken.
Auf jeden Fall hat er gemeinsam mit Ken Welch im Jahr 2015 Simsolid gegründet, ein Unternehmen, an dessen Anfang die einfache Frage stand: „Warum müssen die in der Konstruktion und Struktursimulation verwendeten Geometrien so unterschiedlich sein?“ Welch ist mit Stationen bei PDA Engineering (Patran), Rasna (Mechanica), Moldflow and MSC Software ein Urgestein der Simulationsbranche. Und nun hat Altair Simsolid übernommen.
Simsolid arbeitet auf Grundlage detailgetreuer CAD-Baugruppen und bietet schnelle, genaue und robuste Struktursimulationen, die ohne Geometrievereinfachung, Bereinigung und Vernetzung auskommen. Der Berechnungskern von Simsolid ist eine kommerzielle Implementierung neuartiger und unveröffentlichter mathematischer Methoden, die auf Erweiterungen der externen Approximationstheorie basieren. Eine etwas tiefergehende Erklärung, wie SimSolid funktioniert, habe ich bei den Kollegen von Design Engineering gefunden.
Simsolid steuert die Lösungsgenauigkeit mittels adaptiver Multipfad-Analyse und wird dadurch enorm schnell und speichereffizient. Große und komplexe Baugruppen können sogar auf Laptop-Computern in kürzester Zeit gelöst werden.
„Wir glauben, dass Simsolid einen revolutionären Technologiedurchbruch darstellt, der einen tiefgreifenden Einfluss auf das Produktdesign haben wird“, sagt James R. Scapa, Gründer, Chairman und CEO von Altair. „Es ist unglaublich schnell, genau und robust – und nach unserer Auffassung eine bahnbrechende Neuerung für die Industrie.“
Dr. Uwe Schramm, Altairs Chief Technical Officer, merkt an: „Wir nehmen die Lösungsgenauigkeit sehr ernst. Andere haben versucht, die Schnittstelle zwischen CAD und Simulation voranzutreiben, indem sie die mathematische Robustheit herabgesetzt haben. Wir denken, dass wir durch das rasche Weiterentwickeln der Methoden in Simsolid und das Übertragen auf andere Anwendungen einen echten Einfluss darauf haben, wie Design entsteht und wir dabei gleichzeitig unseren hohen Anforderungen an herausragende Berechnungsleistung gerecht werden.“
Interessant ist die Simsolid-Übernahme im Licht des Aufsehens, das Ansys mit Discovery Live erregt hat. Ich weiß nicht, welche Mathematik hinter Discovery Live steckt; Tatsache ist, dass sowohl das Ansys-Produkt als auch Simsolid auf das Netz verzichten und extrem schnell sind – bis hin zur Echtzeit-Simulation. Anscheinend ist inzwischen die Technologie und auch die Hardware so weit, solche Systeme richtig umzusetzen. Ich bin gespannt, was passiert, wenn man Dr. Apanowitch auf die reichhaltige und mächtige Technologie im Altair-Portfolio loslässt.