Unter dem Motto „Innovate – Transcend – Realize“ trafen sich Anwender, Partner und Mitarbeiter von Aras diese Woche am 04.-06.11.2019 in München zu ihrem jährlichen Aras ACE Europe. Die schmissige Abkürzung bedeutet übrigens einfach „Aras Community Event“ – und dieser Pragmatismus scheint ein Merkmal dieses Unternehmens zu sein. Sicher ging es beim ACE um Innovation, Digitalisierung und am Ende auch kurz um IoT, aber alles auf eine abgeklärte, wohltuend pragmatische Art. Ich habe bei meinem ersten Besuch bei Aras den Eindruck gewonnen, dass da sehr geerdete Menschen an einer Software arbeiten und dabei wirklich die Anforderungen der Kunden im Blick haben, statt auf jeden Trend aufzuspringen.
Die ACE gibt es dreimal, je einmal in den USA, in Japan und in Europa, zudem veranstaltet der PLM-Anbieter kleinere Events, beispielsweise in Frankreich und Großbritannien. Mit 300 Besuchern lag die Teilnehmerzahl etwas unter dem Vorjahr, was nach Aussagen der Aras-Verantwortlichen daran lag, dass weniger Aras-Mitarbeiter als in den Vorjahren vor Ort waren.
SVP Operations Europe Andreas Müller eröffnete die Veranstaltung mit einer Keynote unter dem Motto „Own the Lifecycle!“ Er zitierte eine Untersuchung von Forbes aus dem Jahr 2016, nach der 84 Prozent aller Projekte zur digitalen Transformation scheitern. Die beiden anderen Zahlen im selben Diagramm kommen von McKinsey und aus dem Jahr 2018: 14 Prozent der Digitalisierungsprojekte brachten Performancesteigerungen, 3 Prozent der Projekte waren ein kompletter Erfolg. Ein erschreckender Befund, der durch Nachrichten, nach denen in der letzten Zeit einige große PLM-Einführungen in großen Konzernen scheiterten, unterfüttert wird.
Müller sieht drei Erfolgsfaktoren für Digitale Transformationen: Resiliente, also belastbare Plattformen, den Digital Thread – also die digitale Abbildung aller Daten und ein passendes Geschäftsmodell. „Kein PLM-System unterstützt die Geschäftsmodelle der Zukunft Out-of-the-box“, sagte Müller weiter. Deshalb sei ein System erforderlich, das flexibel, anpassbar und belastbar ist.
PLM-Systeme müssen resilient, flexibel und anpassbar sein
Aras kann eine beeindruckende Kundenliste für sein System Aras Innovator vorweisen, von Renault über Airbus, MAN Diesel & Turbo bis hin zu BAER Systems., Draeger und Schaeffler. Die größte Installation von Aras Innovator findet sich bei GM mit 45.000 Anwendern, fast ebenso viele Nutzer arbeiten beim japanischen Zulieferer Denso mit dem System.
Aras CEO Peter Schroer sprach über Veränderung und wie man damit umgehen solle. Er nannte interessante Zahlen, die zeigen, wie sich die Verbreitung von Technologien beschleunigt hat: Beim Fernseher dauerte es 78 Jahre von der Markteinführung bis zu dem Zeitpunkt, als 50 Millionen Geräte weltweit in Benutzung waren. Das Telefon kam nach 36 Jahren auf diese Nutzerzahl. Bei YouTube dauerte es zehn Monate, bei Pokémon Go 4 Tage. Die Digitalisierung beschleunigt die Verbreitung neuer Technologien enorm – und ebenso müssen die Unternehmen beweglicher werden.
Aras CEO Peter Schroer: „We are drivers of the change – or we let someone else do the change for us”
Schroer ließ auch das Bonmot fallen, dass sich Manager gerne auf „shiny objects“ konzentrieren und darüber die Basistechnologien vergessen, die benötigt werden, um eine neue Technologie umzusetzen. Zudem würden nur drei Prozent der verfügbaren Daten bei Entscheidungsfindungen genutzt – eben weil sie nicht recht zugänglich sind.
SVP Product Management John Sperling erläuterte die Umstellung der Softwareentwicklung bei Aras auf eine Agile-Plattform namens SAFe. Die Umstellung war notwendig geworden, weil das Unternehmen und mit ihm die Entwicklung stürmisch wächst. Als er vor acht Jahren zu Aras gekommen sei, so Sperling, sei das gesamte Unternehmen so groß gewesen wie heute die Produktentwicklung. Neben der neuen Entwicklungsphilosophie ändert sich auch der Releasezyklus. Lagen bei Version 11zwischen den einzelnen Servicepacks – die bei Aras Innovator auch neue Funktionalität bringen – im Schnitt 14 Wochen, sind es bei der aktuellen Version 12 6 Wochen. Ziel für das nächste Jahr ist der Umstieg auf ein Continuous Release Model und Neuerungen im Absatz von einem Monat. Continuous Release bedeutet die Abschaffung von jährlichen oder halbjährlichen, großen Versionssprüngen zugunsten ständiger Weiterentwicklung.
Das Lizenzmodell von Aras ist interessant: Das gesamte System bis auf einen Kern ist Open Source und darf kostenfrei verwendet werden. Darüber hinaus bietet Aras Schulungen und Beratungsleistungen sowie Abonnements auf Jahresbasis. Letztere beinhalten neben umfangreichen Supportleistungen kostenlose Upgrades und Upgrade-Services für sämtliche Weiterentwicklungen von Aras Innovator sowie deren Implementierung mit individuellen Anforderungen. Lizenzgebühren pro User werden nicht fällig.
Ein sehr interessantes Format wurde am zweiten Tag angeboten: Aras in the Round mit Peter Schroer und CTO Rob McAveney. Die Besucher saßen im Kreis um die beiden und konnten beliebige Frage stellen. Hier kam dann auch die Frage nach IoT auf, das Thema steht ja bei anderen PLM-Anbietern stark im Fokus. Schroer hält dagegen IoT nicht für ein echtes PLM-Thema. PLM biete den IoT-Daten den fehlenden Kontext, ist also wichtig, aber eben nicht zentral. Aras arbeitet an einer Referenzimplementierung einer IoT-API auf Basis von Microsoft Azure, die die Anbindung von IoT-Objekten an Aras Innovator ermöglicht, weitere Cloudsysteme sollen folgen.
McAveney machte die Vision klar: Ziel ist ein „Closed-Loop-Lifecycle“, in dem die Rückmeldungen der Kunden direkt die Weiterentwicklung oder Neuentwicklung von Produkten beeinflusst und Messdaten aus dem Realeinsatz als Basis für Entscheidungen dienen.
Aras zeigte sich für mich als Unternehmen, das weiß, wo es hinwill, wie es auf diesem Weg vorwärtskommt und dass die Kunden immer der Treiber für die Entwicklung sein werden. Wieder einmal zeigt sich, dass neutrale Systeme oft die interessanteren Lösungen liefern.