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Bloomberg: Deutschland ist Weltmeister bei Innovationen – noch!

Seit 2013 veröffentlicht Bloomberg einen Innovation Index, der die Innovationsfähigkeit der Länder dieser Welt berechnet. Nach sechs Jahren als Spitzenreiter musste Südkorea nun einem neuen Champion Platz machen: . Uneingeschränkte Freude macht der Bericht jedoch nicht.

Bloomber Innovation Index
Deutschlands Industrie sichert den Spitzenplatz im -Ranking (Bild: Dieter Poschmann/pixelio.de).

Für den Index wertet Bloomberg sieben Werte aus, die wichtige Indikatoren der Innovationstätigkeit sind: Anzahl der Patente, Dichte von Forschern in der Bevölkerung, Hochschulbildung, Anzahl der Technologieunternehmen, Produktivität, Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe und Ausgaben für Forschung und Entwicklung.

Südkorea liegt seit Jahren an der Spitze des Index, hat in diesem Jahr jedoch Produktivität verloren und musste sich deshalb mit dem zweiten Platz begnügen. Deutschland ist in der Wertschöpfung auf Platz 4, in der Dichte der Hightech-Unternehmen auf Platz 3 und in der Patentaktivität auf Platz 3. Dies glich die relativen Schwächen in der Produktivität (Platz 18) und vor allem in der Hochschulbildung (Platz 16) aus. Bei F&E erreichte Deutschland Platz 8, in der Forscherdichte lag unser Land auf Platz 11.

Erschreckend ist der Absturz der USA, die von Platz 1 in der ersten Erhebung 2013 auf Platz 9 durchgereicht wurden, vor allem wegen der Schwäche in der Bildung (Platz 47) in der industriellen Wertschöpfung (Platz 27) und in der Forscherdichte (Platz 29). Und das trotz dem ersten Platz in der Patentaktivität und bei der Dichte an High-End-Unternehmen. Innovation ist nicht alles, wenn der industrielle Unterbau fehlt.

Der Gesamt-15. China liegt bei den Patenten auf Platz 2 und damit vor Deutschland, ebenso wie in der Schulbildung mit Rang 5. Dass das Land in der Produktivität auf Platz 47 liegt, liegt sicher am hohen Anteil an manueller Arbeit, der in chinesischer Unternehmen immer noch vorherrscht.

Zu denken sollte uns jedoch geben, dass die Stärken Chinas genau in den Bereichen liegen, die am stärksten Richtung zeigen: Bildung und Patente. Dass das Milliardenvolk in der Forscherdichte auf Platz 39 liegt, sagt eben nichts über die absolute Zahl der Forscher aus.

Von den 20 börsengehandelten Unternehmen mit den höchsten F&E-Ausgaben im letzten Geschäftsjahr kommt die Hälfte aus den USA mit Amazon, Alphabet und Microsoft an der Spitze. Deutschland liegt auf Platz 2 mit VW, Daimler, Siemens und Bayer. Die deutsche Wirtschaftsstärke – auch das sagt der Report – beruht sehr stark auf der , die allerdings von Klimawandel, Handelskonflikten und wirtschaftlichem Rückgang betroffen sind.

Was tun? Ausruhen auf den Lorbeeren ist sicherlich der falsche Ansatz, ebenso wie Panik. Die deutsche Industrie ist nach wie vor stark – vor allem in Betzug auf Innovation. Allerdings müssen wir uns von der Vorherrschaft der Autoindustrie befreien. Die Autobranche ist nicht zukunftssicher; nicht nur wegen der Diskussion um Abgase und Diesel, sondern vor allem auch weil sich in China – in den letzten Jahren einer der wichtigsten Märkte der deutschen Autobauer – eine immer stärkere eigene Autoindustrie ausbildet. Und die kann unabhängig von Tradition und den Umstellungsschwierigkeiten agieren, die mit der zumindest teilweisen Abkehr vom Verbrennungsmotor einhergehen.

Die meisten Sorgen macht mir die Schwäche in der Bildung, wobei man hier hinterfragen müsste, wie unsere hervorragende duale Ausbildung für Facharbeiter im Bloomberg-Index gewertet wird. In vielen solcher Rankings werden die dualen Bildungsangebote nicht als „höhere Bildungsabschlüsse“ gewertet, im Gegensatz zu den sehr theorielastigen Handwerkerabschlüssen in anderen Ländern wie Frankreich.

Wir bilden zu viele Theoretiker mit Hochschulabschluss in den falschen Fächern aus, während unsere in der ganzen Welt bewunderte Handwerksausbildung immer mehr an Bedeutung verliert. Wir werden aber auch in Zukunft die Praktiker benötigen, die beispielsweise über die Technikerausbildung in Entwicklung und Konstruktion kommen und in Zusammenarbeit mit den studierten Ingenieuren für die Lösungen der Zukunft sorgen. An den Hochschulen werden die Studiengänge immer stärker fokussiert, statt den Studenten ein breites Basiswissen zu vermitteln, das sie im Beruf gezielt vervollständigen können.

Digitalisierung muss als Chance betrachtet und vermittelt werden, nicht als Problem und Damoklesschwert. Eine realistische Betrachtung, die Licht- und Schattenseiten benennt und bewertet, ist notwendig – in Unternehmen, Politik, Bildung und Medien. Innovation ist nicht Selbstzweck, sondern notwendig, um unseren Lebensstandard zu halten und zu steigern. Und Bildung ist dafür die Voraussetzung.

Es erfordert Anstrengungen in Politik, Bildungsbereich, Industrie und Handwerk, um an dieser Stelle wieder besser zu werden. Wenn Rankings wie das von Bloomberg dazu beitragen, soll mir das recht sein.

Im Bloomberg-Artikel findet sich ganz unten die Rangliste der 60 besten Staaten des Innovation Index sowie die Ergebnisse in den einzelnen Bereichen.

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