Bei einem Besuch der wichtigsten US-Messe im 3D-Druck-Bereich, der Rapid + tct in Pittsburgh, vor einigen Jahren saß ich am Abend mit Vertretern eines der größten Lohnfertigers der Welt zusammen. Diese hatten einen ganz speziellen Blick auf den 3D-Druck mit Metallwerkstoffen – für sie ist es die Erweiterung des CNC-Fräsens als Massenfertigungstechnologie.
Es stimmt ja auch: Möchte man Kunststoffteile in Großserie fertigen, wird in den meisten Fällen das Spritzgießen als Fertigungsverfahren eingesetzt. Der 3D-Druck ergänzt den Spritzguss und ermöglicht es, ohne die hohen Kosten einer Spritzgussform, Prototypen und Kleinserien zu fertigen. Dabei steht derselbe oder ein sehr ähnlicher Werkstoff zur Verfügung, so dass die Skalierung vom Prototypen zur Serie sehr einfach ist – ein Design, das im 3D-Drucks die erforderlichen Tests besteht, wird auch als Spritzgussteil funktionieren.
Beim 3D-Drucken werden meist einzelne Exemplare nacheinander gefertigt und sie müssen nachbearbeitet, gesäubert, beschnitten werden – was bei Prototypen nicht ins Gewicht fällt. In modernen Spritzgussanlagen lassen sich hingegen – nach hohem Aufwand für den Bau der Form – hohe Stückzahlen von Teilen in sehr kurzer Zeit fertigen, die Teile müssen kaum noch nachbearbeitet werden. Zumindest lässt sich die Nachbearbeitung automatisieren.
Es gibt also im Kunststoffbereich aus Sicht einem Lohnfertigers, der Teile in großen Stückzahlen liefern soll, einen klaren Skalierungspfad vom 3D-Druckteil zum Spritzgussteil, vom seriell gefertigten Prototypen und der Kleinserie in die Großserie, die mit Mehrfachwerkzeugen und automatisierter Bearbeitung hohe Stückzahlen in sehr kurzer Taktfolge erreicht.
Im Metallbereich sieht das völlig anders aus, denn es steht kein Verfahren zur Verfügung, das hohe Stückzahlen in gleichen Werkstoffen ermöglicht. Die Eigenschaften von Metallen zum Druckguss unterscheiden sich teils deutlich von den Metallen, die beim CNC Fräsen oder CNC Drehen genutzt werden. Es gibt also diesen klaren Skalierungspfad nicht. Stattdessen werden Bauteile aus Metall auch heute nach wie vor seriell, also nacheinander gefertigt, wenn sich der Metallguss als Großserienverfahren nicht eignet.
Über die Jahre wurden die CNC-Fräs- und Drehmaschinen immer leistungsfähiger und präziser, um diesen Nachteil ausgleichen zu können. Zudem wurden sie so automatisiert, dass sie nahezu ohne menschlichen Eingriff laufen können. Das war die Voraussetzung dafür, dass man mehrere Maschinen parallel betreiben konnte, um so die notwendigen Stückzahlen zu erreichen. Doch das CNC-Fräsen und CNC-Drehen ist nach wie vor ein Fertigungsverfahren, in dem seriell gearbeitet wird.
3D-Druckverfahren wie das Metal Jetting oder Laserschmelzverfahren ermöglichen es dagegen, viele Bauteile in einem Fertigungsschritt zu fertigen, indem in einem Bauraum viele Teile positioniert werden. Das wäre nach Ansicht meiner Gesprächspartner das optimale Skalierungsverfahren, da im Metall-3D-Druck tatsächlich dieselben Metalle eingesetzt werden können wie bei der CNC-Bearbeitung.
Allerdings – und das machte den Herrn viel Kopfzerbrechen – erfordern die 3D-gedruckten Teile einen hohen Aufwand in der Nachbearbeitung. Sie müssen sandgestrahlt werden, um eine feine Oberfläche zu erhalten, von den Stützstrukturen und der Bauplattform befreit und an Funktionsflächen, beispielsweise Schraubflächen, nachbearbeitet werden – wobei wiederum CNC-Bearbeitungen genutzt werden.
Ließe sich diese Nachbearbeitung minimieren – beispielsweise mit Druckverfahren, bei denen die Oberflächen ohne Nachbearbeitung sauber sind oder bei denen Funktionsflächen nicht gefräst werden müssen – wäre der Bedarf an 3D-Druckanlagen in der Lohnfertigung von Großserienteilen sehr groß. Das wäre wohl so etwas wie der heilige Gral für 3D-Druckerhersteller: Wer eine solche Technologie zur Serienreife bringt, hat praktisch keine Nachfragesorgen mehr.
Hintergrundinformation: Das Unternehmen meiner Gesprächspartner betreibt allein in China 15.000 CNC-Bearbeitungsanlagen, jedes Jahr werden etwa 1.500 Anlagen ausgetauscht. In solchen Größenordnungen würden sie auch beim Einsatz von Metall-3D-Druck denken. Im Vergleich dazu hat EOS als einer der wichtigsten Hersteller erst 2018 seine Produktionskapazitäten auf etwa 1.000 Maschinen pro Jahr ausgebaut– Metall- und Kunststoffanlagen zusammengenommen.
Das bedeutet: Steigen die großen Lohnfertiger – die beispielsweise pro Jahr Millionen von Gehäusechassis für Smartphones herstellen – ernsthaft in den 3D-Druck ein, würde sich der Bedarf an Maschinen mindestens verdoppeln. Es wird interessant sein, zu beobachten, welches Unternehmen diesen Preis abräumt und wie der Markt mit den notwendigen Expansionen zurechtkommt.