Immer wieder denkt man, man hat schon alles gehört, und dann kommt eine Pressemitteilung wie die des IPH – Institut für Integrierte Produktion Hannover gGmbH in den Posteingang geflattert. Das IPH arbeitet mit drei Partnern an einem gigantischen Metall-3D-Drucker für Schiffsgetriebe.
Die Schiffsgetriebegehäuse von großen Schiffen sind Unikate. Zum Gießen der Gehäuseteile werden deshalb extra dafür hergestellte Gussformen benötigt. Werden die Bauteile additiv gefertigt, also gedruckt statt gegossen, entfällt die Herstellung dieser individuellen Formen. Auch das Gewicht der Einzelteile kann reduziert werden, da beim Drucken andere Konstruktionen möglich sind als beim Gießen. So können beispielsweise Hohlräume oder Wabenstrukturen eingebracht werden. Das stählerne Getriebegehäuse aus dem 3D-Drucker soll deshalb maximal 10 Tonnen wiegen – statt der 13 Tonnen, die ein herkömmlich gegossenes Getriebe auf die Waage bringt.
Zur Herstellung der tonnenschweren Getriebegehäuseteile ist ein gewaltiger Druckraum nötig. Sechs Meter lang, drei Meter breit und anderthalb Meter hoch soll der Innenraum des 3D-Druckers werden, den Forschungsinstitute und Unternehmen aus Niedersachsen gemeinsam entwickeln wollen. Damit ist der Drucker annähernd so groß wie ein Frachtcontainer.
Beim Drucken der stählernen Gehäuseteile setzen die Forscher des Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH) auf das laserunterstützte Lichtbogenschweißen. Bei diesem additiven Fertigungsverfahren wird Stahldraht aufgeschmolzen und Schicht für Schicht aufeinander geschweißt. Pro Stunde sollen auf diese Weise bis zu fünf Kilogramm Stahl aufgetragen werden, so das Forschungsziel.
Um die Qualität der Bauteile sicherzustellen, entwickeln die Ingenieure des Instituts für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gGmbH eine Inline-Messtechnik. Diese ermöglicht es, während des Druckens Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Dafür wird der Druckvorgang dauerhaft überwacht; bei Bedarf werden Druckparameter im Prozess automatisiert angepasst. Wenn beispielsweise in einem Schritt zu viel Material aufgetragen wurde, kann im nächsten Schritt weniger aufgetragen werden oder umgekehrt.
Da beim Drucken ein Teil des Materials noch heiß und ein Teil bereits abgekühlt ist, kann durch das Schrumpfen des Materials beim Abkühlen Verzug entstehen. „Dies ist eine Hürde, die wir überwinden wollen“, sagt Ake Kriwall, der sich am IPH gemeinsam mit Projektingenieur Dominik Melcher um die Entwicklung der Messtechnik kümmert.
Am Forschungsprojekt sind neben dem IPH vier weitere Unternehmen und Institute beteiligt. Die Leitung des Projekts liegt bei der Reintjes GmbH, einem Schiffsgetriebe-Hersteller, der den 3D-Druck zukünftig in der Fertigung großer Produkte einsetzen will. Die Eilhauer Maschinenbau GmbH übernimmt den Anlagenbau des XXL-3D-Druckers, das Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH) arbeitet am laserunterstützten Lichtbogenschweißen und die Tewiss – Technik und Wissen GmbH ist für den Bau und die Steuerung des Druckkopfes zuständig.
Gefördert wird das Projekt „Energie- und ressourceneffiziente Herstellung großskaliger Produkte durch additive Fertigung am Beispiel von Schiffsgetriebegehäuse (XXL3DDruck)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Das Projekt läuft bis Ende 2021.