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Interview Quanos Solutions: Service und Dokumentation im Baukastensystem

Der Digital Twin ist im Bereich der Produktentwicklung in aller Munde. Doch die digitale Entsprechung eines Produkts auf Basis von Engineeringdaten ist nur ein Aspekt des Digital Twin – ein anderer ist der Digital Information Twin, der Dokumentations-, – und Ersatzteildaten enthält. Unter dem Namen Quanos Solutions haben sich drei Firmen aus den Bereichen und zusammengefunden, um den Digital Information Twin in der Praxis zu etablieren. , Entwicklungsgeschäftsführer der Content Solutions (vormals GmbH), erläutert im , welche Lösungen heute bereitstehen und wo die Entwicklung hinsteuert.


Im Bereich der Dokumentations-, Service- und Ersatzteilkatalogsoftware tut sich was: Die Firmen Schema, und haben sich zur neuen Firma Quanos Solutions zusammengeschlossen und wollen gemeinsam den Markt der Digital Information Twin aufmischen. Das neue Unternehmen wurde gestern auf der Tekom-Jahrestagung der Öffentlichkeit vorgestellt. Ich habe in den letzten Monaten eine Anzahl von Texten für den Quanos-Launch erstellt, darunter Interviews mit den führenden Köpfen der bisherigen und der neuen Firma. Sie zeigen, wie aus ganz unterschiedlichen Ansätzen und Produkten etwas ganz Neues, Innovatives entstehen kann.


Marcus Kesseler, Quanos Content Solutions
Marcus Kesseler, Entwicklungsgeschäftsführer, Quanos Content Solutions (Bild: Quanos).

Herr Kesseler, Sie haben 1995 die Schema GmbH gegründet. Was war der Anlass für die Gründung?

Ich arbeitete nach dem Informatikstudium in einem Forschungsprojekt an einem Ansatz für strukturierte Dokumente. Damals stand die notwendige Technik zur Umsetzung allerdings noch nicht zur Verfügung, was sich Jahre später mit dem Internet änderte. Im Jahr 1995 gründete ich mit einem Kollegen die Schema GmbH, um auf Basis dieser Technologie eine intelligente Lösung für die Dokumentation von Produkten zu entwickeln. Heute hat die Schema GmbH 140 Mitarbeiter und ist im deutschsprachigen Raum Marktführer für Redaktionssysteme im Bereich der technischen Dokumentation.

Nun verschmilzt Schema mit zwei anderen Firmen zur Quanos Solutions GmbH. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

Wir haben uns schon vor fünf Jahren an TID beteiligt. Nachdem wir Anfang 2020 nun auch Docware akquirieren konnten, war die Zeit gekommen, die bisher getrennt laufenden Lösungen fürContent, Catalog und Distribution unter einer einheitlichen Marktansprache neu zu positionieren: So ist die neue Produktbezeichnung Digital Information Twin entstanden. Heute sind unter dem Dach der Quanos Solutions die Quanos Content Solution mit dem bisherigen Schema-Portfolio und die Quanos Service Solutions mit TID und Docware organisiert.

Welche Produkte bieten die Firmen der Quanos-Gruppe an?

Im Bereich Content Solutions ist das Schema ST4. Die Basis dieser Software ist eine Technologie, mit der sich große, komplexe Dokumente strukturieren, verwalten und automatisiert zusammensetzen lassen. Das ist vor allem in der Dokumentation komplexer, variantenreicher Produkte ein sehr mächtiger Ansatz. Die Hersteller solcher Produkte stehen vor der Herausforderung, zu jedem ausgelieferten Produkt eine auf genau diese Variante passende Dokumentation mitliefern zu müssen – und das oft in vielen Sprachen.

Der Schema-Ansatz ist nun, statt eines monolithischen Dokuments, in dem das Produkt und seine Bedienung beschrieben wird, eine Vielzahl von Teildokumenten, sogenannten Komponenten zu erstellen. Diese Komponenten beinhalten nicht nur Text und Bilder, sondern auch eine Vielzahl von Metadaten. Mit Hilfe unserer Software lässt sich nun für jede Komponente des Produkts eine „Informationskomponente“ erstellen, die dann in andere Sprachen übersetzt werden kann.

Dieses Vorgehen hat mehrere Vorteile: Zum einen muss bei einer Änderung am Produkt oder einer Erweiterung nur eine oder wenige Komponenten geändert und neu übersetzt werden. Zum anderen lassen sich Systeme aufbauen, die bei einer Bestellung automatisch die individuellen Komponenten zusammenziehen und in der richtigen Sprache zu einer Dokumentation zusammensetzen. Dabei entsteht der sogenannte Digital Information Twin, also die Abbildung aller Informationen, die zu einem individuellen Produkt gehören.

Die beiden anderen Produkte der bisherigen Schema sind ein Portal, in dem der Produktnutzer die digitalen Informationen abrufen kann. Mit einer hocheffizienten Suchfunktion bereitet das System die Informationen so auf, dass der Anwender immer die Informationen bekommt, die er benötigt. Eine Offline-Lösung stellt diese Dokumentation auch an Orten bereit, an denen keine Konnektivität besteht.

Denkt man einen Schritt weiter, wird klar, dass zu diesem Digital Information Twin neben der allgemeinen und der Servicedokumentation auch die Ersatzteillisten gehören. Deshalb passen die Produkte der TID und der Docware so gut in dieses Gesamtbild.

Wie unterscheiden sich diese beiden Lösungen? Es geht ja bei beiden um Ersatzteilkataloge.

Die Ansätze und die Philosophie der beiden Lösungen sind unterschiedlich und passen zu unterschiedlichen Unternehmen. Der CatalogCreator von TID eignet sich für Firmen – oder Bereiche davon – in denen die Basisdaten gut strukturiert sind. Die Software ermöglicht es, analog zur Dokumentation aus diesen Basisdaten automatisch Ersatzteilkataloge und ähnliche Aufstellungen zu „destillieren“. Die Docware-Lösung Parts-Publisher ist in der Ausrichtung näher an einem Redaktionssystem und eignet sich für Firmen, bei denen die Ersatzteildaten und Kataloge mit eine höheren Anteil an manueller Arbeit erstellt werden.

Die beiden Lösungen ergänzen sich, denn oft ist in Unternehmen beides gefragt – die automatische ebenso wie die redaktionelle Erstellung der Ersatzteilkataloge.

Was bedeutet die Zusammenführung dieser Technologien für die Anwender?

Zuallererst muss ich sagen, dass einige unserer Kunden schon von sich aus die Lösungen von TID oder Docware mit Schema ST4 verbunden haben – der Bedarf ist also unstrittig vorhanden. Wenn man es mit der Erzeugung eines Digital Twin, also der Abbildung aller Aspekte eines Produkts, ernst meint, kommt man nicht am Digital Information Twin vorbei. Und mit dem Quanos-Portfolio haben wir einen flexiblen Baukasten, um Produkte während ihrer Nutzung abzubilden.

Sobald ein Produkt in die Nutzungsphase übergeht, werden die Daten des Digital Information Twin wichtig. Der Servicetechniker muss wissen, welche Bauteile in der Anlage verbaut sind, wie diese funktionieren und wie man sie ersetzt. Das bedeutet: Ersatzteilkatalog und Dokumentation. Preemptive Maintenance, also die vorausschauende Wartung, ist ohne die Information über den jeweiligen „as built“- und „as maintained“-Zustand der individuellen Maschine praktisch nicht denkbar.

Früher galt: Je länger der Servicetechniker an einer Maschine arbeitet und je mehr Ersatzteile er verbaut, desto lukrativer ist das After-Sales-Geschäft. Neue Geschäftsmodelle wie „as a Service“, bei dem nicht die Maschine, sondern deren Leistung beziehungsweise Output verkauft wird, stellen das auf den Kopf: Man garantiert dem Kunden eine bestimmte Verfügbarkeit und planbare Downtimes, muss also extrem schnell und planbar die Anlagen am Laufen halten. Die Quanos-Lösungen bieten die dafür notwendigen Informationen.

Wie ist ihre Roadmap, um die drei Softwarewelten zusammen zu bringen und dem Kunden diese Synergien bieten zu können?

Erste Priorität haben zwei Maßnahmen im Hintergrund: Die drei Lösungen müssen auf eine gemeinsame Datenbasis zugreifen können und die beiden Service Solutions-Lösungen müssen aufeinander abgestimmt werden. Wir entwickeln aktuell eine Datenverknüpfungstechnologie, auf der alle Systeme aufbauen können. Da alle drei Firmen bereits Webtechnologien in ihren Architekturen integriert haben, ist dies weniger schwierig als es sich anhört.

Wollen Sie die drei Systeme danach weiter integrieren, beispielsweise unter einer gemeinsamen Benutzeroberfläche?

Eine Angleichung der Benutzeroberflächen macht aktuell weniger Sinn, da die Anwender der beiden Bereiche nicht dieselben sind. Dokumentation und Ersatzteilkatalog sind üblicherweise in unterschiedlichen Abteilungen angesiedelt. Die Funktionalität der TID- und der Docware-Lösung wird sicherlich in einem einzigen, modular aufgebauten Produkt konsolidiert, hier sind aktuell viele Funktionen wie Input- und Outputschnittstellen doppelt vorhanden und lassen sich zusammenziehen.

Und wer sind Ihre bevorzugten Kunden?

Unser Fokus ist der Mittelstand, wo sich alle drei Unternehmen schon immer überwiegend bewegten. Aber auch Tech-Konzerne setzen auf die massiven Prozessvorteile der Quanos Produkte. Während Großunternehmen allerdings oft die Lokalisierung der Dokumentation den Landesgesellschaften überlassen können, stehen viele unserer mittelständischen „Hidden Champions“ vor der Aufgabe, bei einer Mitarbeiterzahl von 200 oder 2300 Produktdokumentation für die gesamte Welt in einer Vielzahl von Sprachen bereitstellen zu müssen. Diese Firmen sind auf die hocheffizienten Lösungen angewiesen, die Quanos bietet.

Herr Kesseler, vielen Dank für dieses Gespräch.

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