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BCN3D Epsilon W50 im Test: Wenn’s etwas mehr sein darf

Vor einiger Zeit berichtete ich über die neuen 3D-Drucker des spanischen Herstellers BCN3D. Völlig uneigennützig fragte ich bei dieser Gelegenheit nach einem Testgerät, das mich vor kurzem in Form des größeren Geräts der Epsilon-Serie, dem Epsilon W50, erreichte. Schon in der auf einer kleinen Palette gelieferten Verpackung macht der Drucker mächtig Eindruck. Auch im leitstete sich der wenig Schwächen, vor allem die Benutzerführung überzeugte.

Großes Gerät: Die -Drucker Epsilon W27 und W50, jeweils mit (Bild: BCN3D)

Der Epsilon W50 ist – ebenso wie das Schwestermodell Epsilon W27 – als Produktionsdrucker ausgelegt, auf dem Schreibtisch wirkt er überdimensioniert Die Zahl nach dem „W“ beschreibt übrigens das Bauvolumen des Geräts, im Falle des W50 also satte 50 Liter mit den Abmessungen 420 x 300 x 400 Millimeter – das bedeutet eine Druckplatte in DIN A3-Größe und 40 Zentimeter Höhe. Der Epsilon W27 besitzt die selbe Bauplattform, aber eine Z-Achse mit 220 Millimeter Länge statt der 400 des W50.

Die beeindruckende Größe des Geräts zeigt sich schon bei der Anlieferung: Aus dem Speditions-LKW wird eine kleine Palette geladen, auf der ein fast anderthalb Meter großer Karton steht, obendrauf noch weitere Kartons. Das Gerät ist schnell ausgepackt und aufgestellt, allerdings benötigt er einen stabilen Tisch mit etwa 70 x 60 Zentimeter Platz – oder gleich das Smart Cabinet, in dem sich das Material optimal lagern und direkt aus Schubladen heraus verarbeiten lässt. Ich habe erst kürzlich hier über das Smart Cabinet geschrieben. In der Höhe benötigt der W50 knapp einen Meter Platz.

Öffnet man die getönte Plexiglastür des Geräts, präsentiert sich ein sauber aufgebauter Bauraum mit HiWin-Linearführungen für alle Achsen. Diese Gleitschienen sind im 3D-Druckerbereich der Goldstandard für präzise, leise und leicht laufende Linearlager. X- und Y-Achse werden über Riemen angetrieben, die stabile Z-Achse mit einer Spindel. Auch hier bewährte, qualitativ hochwertige Mechanik.

Zwei Köpfe auf einer Achse: BCN3D Independent Dual EXtruder (IDEX)

„Independent (IDEX)“ nennt BCN3D zwei Extruder auf der X-Achse.

Ungewöhnlich wird es auf der X-Achse, auf der läuft nämlich nicht wie üblich ein Druckkopf mit einer oder zwei Düsen, sondern deren zwei, die unabhängig voneinander angetrieben sind und je eine Düse enthalten. Diese Bauweise nennt BCN3D „Independent Dual EXtruder (IDEX)“-Architektur. Die Maschine kennt vier Modi, in denen die beiden Köpfe betrieben werden können und die über die mitgelieferte -angepasste Cura-Software angesteuert werden:

  1. Einzelbetrieb, hier nutzt man nur einen der beiden Köpfe und kann so zwei Materialien, beispielsweise zwei verschieden gefärbte PLA-Rollen, getrennt ansteuern, aber druckt nur je eine davon.
  2. Dualbetrieb, hier arbeitet das Gerät wie ein 3D-Drucker mit Dualextruder, es werden abwechselnd beide Materialien in einer Schicht gedruckt, um beispielsweise zweifarbige Modelle zu drucken oder ein Druckmaterial und ein lösliches Supportmaterial.
  3. Duplication Mode: Hier teilt sich die Druckfläche in der Mitte – und damit auch der Bauraum, der W50 baut gleichzeitig auf der linken und der rechten Hälfte jeweils das selbe Modell.
  4. Mirror Mode: Auch hier arbeiten beide Druckköpfe jeweils in einer Hälfte an einem Modell, dieses wird jedoch auf einer Seite spiegelverkehrt aufgebaut.

Gerade bei der vieler Teile dürfte der Duplication Mode praktisch sein – wie oft man gespiegelte Teile benötigt, weiß ich allerdings nicht.

Das Material wird in der Baukammer gelagert und über den Boden und die Rückwand zum Extruder geführt.

Oben in der Rückwand findet sich ein HEPA- und Aktivkohlefilter mit Lüfter, der Luft aus dem Bauraum heraussaugt und dabei von Gerüchen filtert. Dieser Lüfter wartet mit einer ordentlichen Geräuschkulisse auf und läuft beim Druck ständig. Allerdings ist der Epsilon W50 auch von BCN3D nicht als Schreibtischdrucker fürs Büro konzipiert, sondern für die Serienfertigung in einem separaten Raum, wo das Lüftergeräusch weniger stört.

Innen an den Seitenwänden findet sich in der Mitte jeweils ein Auffangbehälter für die Fäden, die beim automatischen Abstreifen der Düsen entstehen, darunter hängt je eine Spule Material – der W50 arbeitet wie beispielsweise der Ultimaker mit 2,85 Millimeter dickem Filament. Größere Spulen mit beispielsweise 2,5 Kilogramm Material – was bei der Bauraumgröße sinnvoll ist – finden alternativ an der Rückseite Platz – oder im Smart Cabinet. Das Material läuft bei innenaufgehängten Spulen unter dem Bauraumboden nach hinten, an der Rückwand nach oben zu Filamentsensor und Antrieb und von dort wieder nach innen zum Druckkopf. Am Filamentsensor befindet sich ein zweiter Eingang, der das Einführen des Filaments von hinten liegenden Spulen ermöglicht.

Hinten am Druckkopf sitzt der orange Mikroschalter für die Bettnivellierung.

Großes Lob gibt es von mir für die BCN3D-Firmware: Diese führt den Nutzer sehr komfortabel sowie mit ausführlichen Beschreibungen und klaren Bildern durch die typischen Aufgaben beim Filament 3D-Druck: Laden und Entladen des Materials, Nivellieren der Bauplattform und das Ausrichten der beiden Druckköpfe zueinander. Die Bedienung ist intuitiv, die selbstentwickelte Firmware wird ständig weiterentwickelt. Während des Testzeitraums wurde ich am Display zweimal aufgefordert, eine neue Firmwareversion zu installieren. Dabei wurde beispielsweise der Bauplatten-Kalibrierprozess geändert. Nun wird mit vorgeheizter Bauplatte gemessen, was dafür sorgt, dass etwaige Verzüge beim Warmwerden der Bauplattform berücksichtigt werden.

Vor allem die Einstellarbeiten haben mir gefallen: Mit einem an den Druckköpfen befestigten Mikroschalter misst das Gerät die Lage der Bauplattform, daraufhin wird auf dem Display angezeigt, wieviel die beidem Einstellräder an den vorderen Ecken der Bauplatte verdreht werden müssen. Die Rädchen sind mit einer 15-Grad-Einteilung bedruckt und das Display zeigt genau, wie weit und in welche Richtung die Rädchen verdreht werden müssen. So ist die Bauplatte in zwei, drei Durchgängen exakt waagerecht zur XY-Ebene des Druckers ausgerichtet. Einfacher geht es kaum.

Epsilon W50: Sehr ausgefeilte Kalibrierungsmöglichkeiten

Auf dem Display wird angezeigt, wie die Bauplattform eingestellt werden soll.

Ähnlich schlau hat BCN3D die Ausrichtung der beiden Druckköpfe zueinander gelöst. Nach dem Ausrichten druckt die Maschine mit beiden Köpfen kammartige Strukturen in unterschiedlichen Richtungen – dabei variiert der Drucker die Höhe minimal. Der Anwender beurteilt dann entstandenen Raupen und gibt die Nummer der schönsten Raupe ein. Daraus berechnet der Drucker die Höhe der beiden Druckköpfe zueinander und zeigt an, welcher Kopf mit einem oder mehreren der mitgelieferten, dünnen Abstandsplättchen unterfüttert werden soll. Diese Höhenausrichtung ist extrem wichtig für den zweifarbigen Druck, die höher sitzende Düse erreicht keine gute Bindung zwischen den Schichten, während die zu niedrige Düse gegen das vom anderen Kopf gedruckte Material stößt und schlimmstenfalls das Modell von der Druckplatte reißt.

Eine weitere Einstellung optimiert die Ausrichtung der beiden Köpfe in X- und Y-Richtung, indem gegeneinandergestellte Kammstrukturen darauf beurteilt werden, wie genau die „Zinken“ zueinander fluchten.

Die Einstellrädchen am Bett haben die selbe Einteilung wie auf dem Display.

Solchermaßen perfekt eingestellt, geht es ans Drucken. Für die Vorbereitung verlässt sich BCN3D auf die bewährte, von Ultimaker lizenzierte Software Cura, in der die Parameter des Geräts und der BCN3D-Materialien vordefiniert sind. Es lassen sich aber beliebige Materialwerte und damit auch Fremdmaterialien einstellen und drucken. Für Kompositmaterialien, die Kohle- oder Glasfasern enthalten, wie PAHT CF15 oder PP GF30, steht das Hotend X zur Verfügung, das eine besonders harte Düse mit einer Öffnung von 0,6mm besitzt und diese abrasiven Materialien ohne Verschleiß drucken kann.

Messingdüsen werden in den Größen 0,4mm (Standard), 0,6mm, 0,8mm und 1,0mm angeboten. Die Standarddüse bietet einen guten Kompromiss zwischen Durchfluss und Detailgenauigkeit, größere Düsen ermöglichen es, „dickere“ Materiallagen zu erzeugen und damit auch schneller große Bauteile zu fertigen. Dies geht allerdings zulasten der Detailgenauigkeit in Z-Richtung, die Schichten sind dicker und besser sichtbar. Ist die Optik bei großen Teilen nicht ausschlaggebend, kann es sich durchaus anbieten, eine größere Düse einzusetzen. Die Hotends lassen sich mit dem mitgelieferten Werkzeug in etwa zehn Minuten wechseln und kalibrieren.

Insgesamt hat mir der BCN3D Epsilon W50 sehr gut gefallen. Anfänglich entstanden im Zweifarbdruck Fäden zwischen verschiedenen Bereichen, was sich aber mit einer nochmaligen Kalibrierung stark verbesserte. Ich habe jeweils die Standardprofile und -werte von Cura bzw. BCN3D genutzt, hier ließe sich sicherlich noch etwas optimieren.

Die Druckqualität ist mit sehr wenig Einstelloptimierung wirklich schön, wie hier bei einem ca. 20cm größen Moai. Man beachte die Überhänge, sie sind ohne Stützmaterial gedruckt.

Ein Manko ist aus meiner Sicht die nicht vorhandene Fernüberwachung und die Einbindung in das Netzwerk. Richtet man bei BCN3D ein Cloudkonto ein, kann man direkt aus Cura Druckdaten in diese Cloud laden. Ist der Drucker mit dem Internet verbunden, landen die Druckdaten dann auf dem Drucker und das Bauteil kann gedruckt werden. Der Ablauf des Drucks – auch mehrerer Drucker – und die Hotendkonfiguration sowie die aktuellen Temperaturen der Hotends, des Druckbetts und des Bauraums werden auf der Website der Cloud angezeigt. Eine Liste der letzten Druckvorgänge bietet die Möglichkeit, diese mit einem Klick neu zu starten.

Diese Art der Anbindung mag in einer Umgebung mit mehreren Druckern nützlich sein, in vielen Fällen ist die Cloudanbindung schlicht nicht notwendig. Ich würde hier eine lokale Fernsteuerung bevorzugen – die man dann immer noch selbst nach außen freigeben kann. Beispielsweise bietet der 3D-Druckerserver Octoprint im Zusammenspiel die Möglichkeit, die Druckdaten im lokalen Netzwerk auf den Drucker zu laden und den Druckvorgang detailliert zu überwachen.

Was mir am meisten fehlt, ist eine Kamera. Je größer der Drucker, desto länger dauern die Druckvorgänge, beim Bauraum des Epsilon W50 können das durchaus zwei oder drei Tage sein. Die Erfahrung zeigt: Je länger der Druck, desto größer die Wahrscheinlichkeiut, dass etwas schief geht. Ich hatte konkret den Fall, dass bei einem Druck während der Nacht etwas schiefging und eine halbe Rolle Material sinnlos zu „Spaghetti“ zerdruckt wurde. Hier gibt es sogar Lösungen zur automatischen Überwachung, beispielsweise den Spaghetti Detective, der mit Hilfe künstlicher Intelligenz gescheiterte Drucke – die typischen Spaghetti – erkennt und den Druck stoppt oder den Bediener alarmiert.

Eine halbe Spule Material – über Nacht zu Spaghetti verarbeitet – hier fehlt eine Überwachung.

Gerade vor dem Hintergrund, dass dieser Drucker als „workshop printer“ angeboten werden, die in einem eigenen Raum und möglichst rund um die Uhr laufen sollen, sind Prozessüberwachung, Remotezugriff und Remote-Bedienung unerlässlich. Hier kann BCN3D mit Kamera und internem Server noch kräftig nachbessern.

Insgesamt aber bietet BCN3D mit dem Epsilon W50 einen qualitativ hochwertigen, robusten und effizienten -Drucker. Vor allem in Kombination mit dem Smart Cabinet bildet das Gerät eine – für die Bauraumgröße – kompakte und komplette Lösung mit Materiallager und USV. Zudem bietet das Unternehmen eine breite Palette industrietauglicher Materialien, die von den renommierten Chemieunternehmen BASF und Mitsubishi Chemical stammen und für die optimierte Profile in der zugehörigen Software bereitstehen. Toll gefallen hat mitr das PA-Material mit Kohlefaseranteil namens PAHT CF15, das zwar etwas rauere Oberflächen zeigte, aber extrem feste Bauteile ergab.

Der BCN3D Epsilon W50 kostet 6995 Euro, im Bundle mit Smart Cabinet als W50SC 8995 Euro. Das kleinere Schwestermodell Epsilon W27 kostet 4995 Euro, als SC-Variante 6995 Euro (alle Preise ohne MwSt.).

 

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