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3DExperience World in Nashville: Versöhnt mit der Cloud

SolidWorks, 3DExperience und die Cloud – das ist eine längere Geschichte, die für mich in diesem Jahr ein Happy End gefunden hat. Die Welt hat sich verändert, gerade und vor allem im IT-Sektor, technologische Gräben, die früher unüberwindbar galten, sind heute größtenteils zugeschüttet. Und Visionen, die im Jahr 2010, als erstmals auf der World in Anaheim auf der Bühne stand, aus der Sicht eines „die-hard-SolidWorks-Nerds“ sehr spekulativ und etwas verrückt wirkten, sind heute gelebte und nicht mehr in Frage gestellte Realität. Auch ich fragte mich damals, was das Ganze mit SolidWorks zu tun haben soll, muss aber heute sagen: Charles‘ Vision ist Realität geworden und sie macht Sinn. Eine Zusammenfassung von der 3DExperience World 2023

Gian Paolo Bassi: „The is eDrawings on Steroids“

Die Verknüpfung von SolidWorks mit der stand bei vielen Anwendern – um es vorsichtig auszudrücken – nicht gerade an oberster Stelle ihrer persönlichen Feature-Wunschliste. Viele Jahre gab es zudem Befürchtungen, wie es mit dem Desktop-System SolidWorks weitergehen wird. Einerseits hörte sich die Idee ja gut an, dass die Entwicklermannschaften von SolidWorks und Dassault Systèmes zusammenarbeiten, andererseits fürchtete man, dass SolidWorks irgendwann unter die Räder geraten würde.

Schließlich läuft SolidWorks mit seinem Parasolid-Kernel auf einer anderen technischen Basis als die Dassault-Lösungen, die den DS-eigenen CGM-Kernel nutzen. Damals war jedem klar, dass Systeme, die auf unterschiedlichen Kerneln basieren, nie wirklich miteinander verzahnt werden können, weil die zugrundeliegende Mathematik einfach unterschiedlich ist- Heute spricht niemand mehr über CAD-Kernel und immer weniger Menschen über CAD-Dateien. Mit modernen Technologien ist dieser – damals nur unter Datenverlust überwindbare – Graben nahezu verschwunden.

Mit dem Schritt, den Gian Paolo Bassi am ersten Tag der „World“ verkündete, wird nun die Anbindung von SolidWorks an die 3DExperience Cloud mehr oder weniger zum Standard. In Interviews mit Gian-Paolo Bassi, SVP & & Customer Role Experience bei Dassault und SolidWorks-CEO gab es nun weitere Informationen zu diesem gesamten Themenkomplex.

Neulizenzen enthalten Cloud Services, Altlizenzen können erweitert werden.

Vorweg: Das Versprechen gilt für jede ab 1. Juli verkaufte Lizenz. Bestehende Lizenzen, die von einem Wartungsvertrag abgedeckt werden, erhalten gegen eine Jahresgebühr von 300 Euro ebenfalls Zugriff auf diese Cloud Services. Und bei der Cloud geht es natürlich um die 3DExperience Cloud. SolidWorks wird über den Collaborative Designer for SolidWorks so erweitert, dass der Anwender einfach per „Speichern unter…“ seine Daten in die Cloud statt auf der Festplatte abspeichert. So lässt sich ein „best of both worlds“ aufbauen: CAD lokal, PDM/PLM in der Cloud.

Bassi sprach darüber, dass die meisten SolidWorks-Anwender sich eigentlich vor allem auf die Konstruktion konzentrieren möchten. Aber auch auf sie kommen vielfältige neue Aufgaben zu, die es erfordern, über den Tellerrand der Konstruktionsabteilung hinauszuschauen – von After-Sales-Support über CO2-Fußabdruckberechnung bis hin zur Absicherung von Lieferketten. Kumar erwähnte die Problematik, die viele Firmen in den letzten Monaten in Atem hielt: Sprunghaft steigende Rohmaterialkosten. Wenn beispielsweise Aluminium 25 Prozent teurer werde, sei es wichtig, möglichst auf Knopfdruck Reports erarbeiten zu lassen: Welche Bauteile meines komplexen Produkts bestehen aus Aluminium? Wo lässt sich dieses Material durch günstigere Alternativen ersetzen? Gibt es schon ähnliche, preiswertere Bauteile, die sich schnell adaptieren lassen?

All diese Beispiele zeigen: Die Zeiten, in denen Daten einmal erstellt und in einem relativ eindimensionalen Workflow den Lebenszyklus entlangliefen, sind endgültig vorbei. Das einfache Speichern in einer Verzeichnisstruktur ist damit endgültig nicht mehr sinnvoll, ein PDM-System ist notwendig – und statt nun eine komplexe Lösung inklusive Datenbank, Server, Backup und all dem anderen IT-„Gedöns“, das zu einer professionellen gehört, aufbauen zu müssen, bietet SolidWorks die Nutzung der 3DExperience Cloud an. Das macht heute wirklich Sinn.

Manish Kumar, SolidWorks: „Connected is not Together“.

Zweites Argument: Zusammenarbeit. Kumar brachte es sehr schön auf den Punkt: „Connected is not Together“. Was er meinte: Die alleinige Möglichkeit, Daten in einem gemeinsamen Repository – beispielsweise einer lokalen PDM-Datenbank – abzulegen, bedeutet noch lange nicht, dass die Silos aufgelöst werden. Dann sind zwar die Konstrukteure „connected“, arbeiten aber nicht mit dem Rest des Unternehmens zusammen.

Bassi erweiterte das Thema auf die Lieferkette: Bisher bietet SolidWorks beispielsweise mit eDrawings eine Lösung an, mit deren Hilfe sich CAD-Modelle und Zeichnungen weitergeben und ansehen lassen. Dies erfordert aber eben eine Weitergabe von Daten und das Installieren von Software beim Zulieferer beziehungsweise Kunden. Bei immer größeren Baugruppen wird allein schon die Weitergabe immer größerer Dateien ein Problem. Die 3DExperience-Plattform ermöglicht es, dem Gegenüber einen Login ins eigene System zu geben, der genau spezifizierte Rechte gibt, beispielsweise das Ansehen, Messen, Annotieren des Modells und beispielsweise das Herunterladen als STEP-Datei. Und nach Ende des Projekts wird der Login wieder gelöscht, die Daten sind dem Zugriff von außen wieder entzogen.

Dieses Thema ist nach Aussage Bassis immer eine Achillesferse von PDM-Systemen gewesen – Daten, die einmal aus dem Haus sind, lassen sich kaum mehr einfangen. Ein weiteres Problemfeld ist die : Wenn es darum geht, erste Konzepte aufzubauen oder ein bestehendes Produkt weiterzuentwickeln, werden diese Daten aktuell eher lokal gehalten. Legt man diese im PDM-System ab, blähen die abgebrochenen Ideen zum einen die Datenbank schnell auf. Zum anderen löst ein Checkin oft Workflows aus, die in dieser Phase noch gar nicht gewollt sind – etwa ein Anlegen von Materialnummern im ERP-System oder die Aufnahme in andere Datenbanken. Die Lösung dieses gesamten Themenblocks sehen die SolidWorks-Executives in der Cloud.

Der Markt und die Kunden werden nach Kumars Überzeugung diesen Paradigmenwechsel nur mitmachen, wenn sich diese Dienste nahtlos in bestehende Arbeitsabläufe integrieren lässt. Hier kommt der Collaborative Designer for SolidWorks ins Spiel, mit dem das Speichern in der 3DExperience-Cloud zu einem simplen Mausklick wird.

Und noch ein sehr wichtiger Aspekt: Jeden Tag finden sich Nachrichten über Hackerangriffe auf Firmen, Behörden und Einrichtungen. Erst kürzlich wurde bekannt, dass acht Schulen in Karlsruhe von einem Ransomware-Angriff betroffen sind, letztlich musste an allen über 70 Schulen in Karlsruhe das IT-Netz komplett heruntergefahren werden. Für Firmen sind solche, teils monatelange Ausfälle kaum zu verkraften.

Bernard Charles: Seine Vision wird zur Wirklichkeit.

In der 3DExperience-Cloud gibt es keine Dateien, die von einem Virus verschlüsselt werden können, nur Datenfragmente in einer Datenbank, die erst über einen Login zu sinnvoll nutzbaren Daten zusammengesetzt werden. Zudem ist eine Cloud, die von einem ganzen Team von Sicherheitsexperten betreut wird, am Ende sicherer als ein lokaler Server, den ein Teilzeit-Admin nebenher betreut.

Auch wenn manche Anwender nach wie vor Vorbehalte gegen die Cloud und die Plattform haben mögen – Bassi und Kumar haben auf der bestechende Argumente für den Schritt in die moderne IT-Technologie geliefert.

Und ich muss sagen, dass die Visionen von Bernard Charles Wirklichkeit geworden sind – und in einem Prozess, in dem SolidWorks- und 3DExperience-Entwickler und -Lösungsdesigner sicherlich in Abwägung der unterschiedlichen Philosophien und Einbeziehung des gemeinsamen Ziels, ist heute ein System herausgekommen, das aus einem Guss erscheint und jedem die Instrumente bietet, die er braucht. Die beiden Lösungen stehen heute gleichberechtigt nebeneinander und ergänzen sich.

Lokal, hybrid oder komplett in der Cloud – Dassault Systèmes SolidWorks bietet eine Lösung für jede Anforderung, übrigens bleibt auch eDrawings im Portfolio, wobei Bassi die Plattform „eDrawings on Steroids“ nannte. Ich bin jedenfalls mit einem sehr guten Gefühl heimgeflogen und freue mich auf die nächste 3DExperience World am 11.-14. Februar 2024 in Dallas!

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