Chemische Prozesse sind die Grundlage der Industrie, die Gaskrise des letzten Jahres zeigte, wie stark diese Unternehmen von Energie und Grundstoffen abhängig sind – und wie stark der Rest unserer Industrie von diesen Unternehmen. Jede Technologie, die Energie spart und Prozesse effizienter macht, ist da höchst willkommen. Mit Hilfe additiver Fertigung lassen sich Reaktoren, Katalysatoren und andere Baugruppen optimal formen und herstellen. Diesem wachsenden Markt der additiven Fertigung in der chemischen Industrie gibt die Rapid.Tech 3D erstmals eine eigene Bühne. Mit dem neuen Forum Chemie & Verfahrenstechnik am 10. Mai 2023 rückt der renommierte Fachkongress ein Thema in den Fokus, das bisher meist „unter dem Radar“ lief.
„Es gibt momentan keine AM-Veranstaltung, auf der sich diese Thematik zu Hause fühlt“, betont die promovierte Chemikerin Dr. Özlem Weiss, die das neue Forum der Rapid.Tech 3D kuratiert. „Die chemische Industrie ist jedoch von großer Bedeutung für die additive Fertigung – sei es als Lieferant einer immer leistungsfähigeren Materialpalette oder als Nutznießer dieser Technik für neue Freiheiten in Anlagenbau und Produktionstechnik.“
Eine Einführung in das erstmals stattfindende Forum gibt am Vormittag des 10. Mai die Keynote von Jurjen Meeuwissen vom globalen Energie-Konzern Shell. Der Senior Research Scientist/Project Leader spricht zum Thema „3D-Druck für Katalysatoren bei Shell: Zukunft oder Fiktion?“
Die Chemie nimmt generell eine dominante Stellung in der Wertschöpfungskette ein. Für etwa 90 Prozent aller gefertigten Produkte stellt dieser Wirtschaftszweig die Ausgangsstoffe bereit. „Mit den Möglichkeiten der additiven Fertigung kann die chemische Industrie jetzt auch ihre eigenen Prozesse weiter verbessern. Die Produktionstechnik lässt sich so designen, dass Anlagen effizienter gefahren werden, dass Reaktionen energiesparender ablaufen oder dass andere Temperaturführungen möglich sind“, benennt Dr. Weiss wesentliche Effekte, die aus der Anwendung von 3D-Druck für die Anlagen- und Verfahrenstechnik in der Chemieindustrie resultieren.
Als „Haute Couture“ für das Chemieingenieurwesen bezeichnet Prof. Dr. Carlos A. Grande vom Kaust Catalysis Center (KCC) Saudi-Arabien die additive Fertigung. Der international renommierte Experte stellt in Erfurt neueste Entwicklungen der Katalyseforschung vor. Katalysatoren stehen am Anfang chemischer Prozessketten. Sie sind u. a. maßgebend für Sensorik oder erneuerbare Energietechnik. Das KCC ist eine weltweit führende Einrichtung der Katalyseforschung und verfolgt einen multidisziplinären Ansatz unter Verwendung innovativer Design- und Modellierungskonzepte.
Wie BASF mit einer innovativen additiven Technologie maßgeschneiderte Katalysatoren herstellt, ist Thema des Vortrags von Marco Kennema. Gegenüber konventionellen Verfahren bietet die neue Technologie mehr Freiraum im Katalysatordesign. Damit kann die Leistungsfähigkeit gesteigert werden, und die Katalysatoren lassen sich individuell an spezifischen Kundenanforderungen anpassen.
Neben Katalysatoren sind Reaktoren grundlegende Bestandteile chemisch-technischer Prozesse. Vor allem im Forschungsbereich besitzen Mikroreaktoren große Bedeutung. Bosch hat mit Partnern einen neuen komplexen Mikroreaktor entwickelt. Dank der Kombination aus additiver Fertigung und Verwendung technischer Keramik kann er für Hochtemperaturreaktionen eingesetzt werden. Über das Projekt wird Nikolai Sauer von Bosch Advanced Ceramics sprechen.
Götz Erhardt, Experte für die Grundstoffindustrie bei der Unternehmensberatung Accenture, thematisiert in seinem Vortrag die Renaissance der additiven Fertigung in der chemischen Industrie. Gründe für den wieder erstarkenden Boom sind der Beitrag des 3D-Drucks für den Klimaschutz und ebenso die Chancen, die sich für neue Materialien und Geschäftsmodelle ergeben. Auch diese Aspekte werden im neuen Forum eine Rolle spielen.
Das Fachforum Chemie & Verfahrenstechnik ist Teil des Rapid.Tech 3D-Fachkongresses. Jeder Tag startet mit hochkarätigen Keynotes von renommierten Experten aus der Automobil- und Luftfahrtindustrie sowie der Wehrtechnik. Das dreitägige Programm offeriert vom 9. bis 11. Mai 2023 darüber hinaus Einblicke in neueste AM-Anwendungen und -Entwicklungen in den weiteren Fachforen Mobilität, Medizin, Luftfahrt, Design, Software & Prozesse, Innovationen in AM, Nachbearbeitung & Qualitätssicherung sowie Wissenschaft.
Im Kongress- und im Ausstellerbereich der Rapid.Tech 3D 2023 bilden unter anderem die 3D-Druck-Kompetenzen Indiens einen Schwerpunkt. Aktuell laufen zahlreiche Vorbereitungen für deutsch-indische Treffen im Rahmen der Veranstaltung in Erfurt.
Chemische Industrie und Additive Fertigung – das passt gut zusammen. Die Rapid.Tech-Macher haben mit ihrem Kongressprogramm ein wichtiges Thema erkannt und aufgegriffen – und hochkarätige Sprecher nach Erfurt gelockt. So bietet die kleine, aber feine AM-Messe neben der Ausstellung wie jedes Jahr wieder ein hochkarätiges Kongressprogramm mit vielen interessanten Sprechern.