Ich hätte ja auf PTC gewettet, wenn irgendjemand Ansys kaufen sollte. Aber gestern kam die Nachricht, dass Synopsys den bekannten Anbieter von Simulationssoftware kaufen will. Synopsys ist einer der führenden Hersteller von Lösungen für die Halbleiterentwicklung. Das Portfolio umfasst auch Simulations- und Verifizierungstools, bei denen das Unternehmen schon seit sieben Jahren eine Partnerschaft mit Ansys pflegt. Synopsys will die 35 Milliarden US-Dollar (31 Mrd. Euro) mit Eigenmitteln in Höhe von 19 Mrd. Dollar bezahlen, der Rest wird mit Aktien bezahlt. Die Übernahme soll im ersten Quartal 2025 abgeschlossen sein.
Ansys ist vor allem für seine Simulationssoftware bekannt, von statischer und dynamischer Festigkeitsberechnung über Strömungssimulation bis hin zu Topologieoptimierung. Darüber hinaus bietet das Unternehmen mit SpaceClaim eine ernstzunehmende CAD-Software sowie die umfangreiche Materialdatenbank Granta. Zudem umfasst das Ansys-Portfolio Lösungen für Elektromechanik-Simulation, Elektronik-Zuverlässigkeit, Systemanalyse sowie Funk- und Hochfrequenz-, Signalintegritäts- und Elektroniksimulation.
Gerade die letzteren Bereiche sind auch für die Chipentwicklung interessant und so hatte Ansys – neben vielen anderen Partnerschaften wie der mit PTC für Discovery/Creo Simulation Live und Creo Ansys Simulation – eine enge Zusammenarbeit mit EDA-Toolentwickler Synopsys. Das Unternehmen erreichte 2023 einen Umsatz von 5,84 Mrd. Dollar, Ansys dürfte letztes Jahr etwa bei 2 Mrd. gelegen haben.
Synopsys hat hier einen Foliensatz zur Akquisition veröffentlicht. Ich habe die zugehörige Pressemitteilung übersetzt:
Synopsys und Ansys gaben heute bekannt, dass sie eine endgültige Vereinbarung getroffen haben, nach der Synopsys Ansys übernehmen wird. Im Rahmen der Vereinbarung erhalten die Aktionäre von Ansys 197,00 US-Dollar in bar und 0,3450 Synopsys-Stammaktien für jede Ansys-Aktie. Dies entspricht einem Unternehmenswert von rund 35 Milliarden US-Dollar, basierend auf dem Schlusskurs der Synopsys-Stammaktien am 21. Dezember 2023. Durch die Zusammenführung der bahnbrechenden Halbleiter-EDA-Lösungen von Synopsys mit dem breiten Simulations- und Analyseportfolio von Ansys entsteht ein führender Anbieter von Lösungen für das Silizium- und Systemdesign.
„Die Megatrends KI, Ausweitung von Halbleitern (engl. silicon proliferation) und softwaredefinierte Systeme erfordern angesichts wachsender systemischer Komplexität immer mehr Rechenleistung und Effizienz. Die Zusammenführung der branchenführenden EDA-Lösungen von Synopsys mit den erstklassigen Simulations- und Analysefähigkeiten von Ansys ermöglicht es uns, einen ganzheitlichen, leistungsstarken und nahtlos integrierten Silizium-zu-System-Ansatz für Innovationen zu liefern. Dieser trägt dazu bei, die Fähigkeiten von Technologie-F&E-Teams in einer Vielzahl von Branchen zu maximieren“, sagte Sassine Ghazi, Präsident und CEO von Synopsys. „Dies ist der logische nächste Schritt unserer erfolgreichen, siebenjährigen Partnerschaft mit Ansys. Ich freue mich auf die enge Zusammenarbeit mit Ajei und dem talentierten Ansys-Team, um die Vorteile dieser Kombination für unsere Kunden, Aktionäre und Mitarbeiter zu realisieren.“
„Seit seiner Gründung vor 37 Jahren ist Synopsys ein Innovationspionier. Das Unternehmen war maßgeblich an den weltverändernden Fortschritten der Halbleiterindustrie in den Bereichen Computing, Networking und Mobility beteiligt und ermöglicht nun die neue Ära der ‚Pervasive Intelligence‘“, so Aart de Geus, Executive Chair und Gründer von Synopsys. „Der Zusammenschluss mit Ansys, einem Unternehmen, das wir aus unserer langjährigen Partnerschaft gut kennen, ist das jüngste Beispiel dafür, wie Synopsys an der Spitze bleibt. Unser Vorstand und das Management-Team haben unsere strategischen Optionen sorgfältig geprüft, um in dieser schnell wachsenden neuen Welle des Elektronik- und Systemdesigns führend und erfolgreich zu sein. Die technologieerweiternde Zusammenarbeit mit Ansys ist ein idealer, wertsteigernder Schritt für unser Unternehmen, unsere Aktionäre und die innovativen Kunden, die wir bedienen.“
„Seit mehr als 50 Jahren ermöglicht Ansys seinen Kunden, innovative Produkte zu entwerfen, zu entwickeln und zu liefern, die nur durch ihre Vorstellungskraft begrenzt sind. Durch den Zusammenschluss mit Synopsys werden wir unsere gemeinsamen Anstrengungen verstärken, um die Innovationskraft unserer Kunden auf ein neues Niveau zu heben“, sagte Ajei Gopal, President und CEO von Ansys. „Diese transformative Kombination bringt die sich hervorragend ergänzenden Fähigkeiten beider Unternehmen zusammen. Sie erfüllt die sich entwickelnden Anforderungen der Ingenieure von heute und gibt ihnen einen beispiellosen Einblick in die Leistungsfähigkeit ihrer Produkte. Ansys verfügt über ein starkes Fundament, wie die vorläufigen Ergebnisse des jährlichen Auftragswerts (ACV) für das vierte Quartal zeigen, die voraussichtlich das obere Ende unserer Prognose übertreffen werden. Ich bin zuversichtlich, dass wir durch den Ausbau unserer Partnerschaft mit Synopsys gut positioniert sind, um einen noch größeren Wert für unsere Kunden, Partner und Aktionäre zu schaffen. Das fusionierte Unternehmen wird die Entwicklung unseres gemeinsamen Portfolios beschleunigen und ein höheres Maß an Innovation liefern. Davon werden die traditionellen Kunden von Ansys profitieren. Ich bin stolz auf all das, was unsere Mitarbeiter jeden Tag für den Erfolg von Ansys und unserer Kunden leisten und freue mich darauf, dass das kombinierte Unternehmen in diesem nächsten Kapitel noch größere Erfolge erzielen wird.“
Synopsys & Ansys: Überzeugende Argumente und signifikante Wertschöpfung
- Kombination führender Fähigkeiten zur Erfüllung der Kundennachfrage: Die Komplexität der heutigen intelligenten Systeme erfordert die Integration von Halbleiterdesign, Simulation und Analyse. Nur so lässt sich sicherzustellen, dass die miteinander verbundenen Systeme in der realen Welt ordnungsgemäß funktionieren. Die Kombination der EDA-Technologie von Synopsys mit den bewährten Simulations- und Analysefunktionen von Ansys bietet den Kunden einen umfassenden, leistungsstarken und systemorientierten Ansatz für Innovationen. Alle Ansys-Kunden, auch die außerhalb der Halbleiterindustrie, können vom Zugang zu einem umfassenden Produkt- und Technologieportfolio profitieren, das Innovationen vorantreiben wird.
- Beschleunigung von Strategie und Wachstum in attraktiven, angrenzenden Bereichen: Die Geschäftsbereiche von Synopsys und Ansys ergänzen sich in hohem Maße und bieten erhebliche Expansionsmöglichkeiten. Der Zusammenschluss wird die Silicon-to-Systems-Strategie von Synopsys verbessern. Und das sowohl im Kernsegment EDA als auch in hochattraktiven, angrenzenden Wachstumsbereichen wie Automotive, Luft- und Raumfahrt und Industrie, in denen Ansys über eine etablierte Präsenz und erfolgreiche Markteinführungserfahrung verfügt.
- Komplementäres Zusammenpassen: Synopsys und Ansys pflegen seit 2017 eine erfolgreiche und wachsende Partnerschaft und teilen eine Kultur, die auf Integrität, exzellenter Ausführung und der Unterstützung von Kunden beruht. Durch die Kombination ihrer hochgradig komplementären Lösungen wird erwartet, dass Kunden eine breitere, tief integrierte Suite von Software-Tools zur Verfügung steht, um ihre schwierigsten Design-Herausforderungen zu lösen und gleichzeitig wertvolle Erkenntnisse durch die modellbasierte Analyse komplexer Systeme zu gewinnen.
- Bedeutende Ausweitung des gesamten adressierbaren Marktes: Es wird erwartet, dass der gesamte adressierbare Markt (TAM) von Synopsys um das 1,5-fache auf ca. 28 Milliarden US-Dollar ansteigen wird. Es wird erwartet, dass dieser kombinierte TAM mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von etwa 11% wächst, angetrieben durch Megatrends, die den Bedarf an der Verschmelzung von Elektronik und Physik in allen Branchen beschleunigen.
- Stärkung von Synopsys‘ starker finanziellen Position und Ausblick: Es wird erwartet, dass der Zusammenschluss das Finanzprofil von Synopsys stärken wird. Es wird erwartet, dass das kombinierte Unternehmen sein branchenführendes, zweistelliges Wachstum fortsetzen wird, das voraussichtlich das TAM-Wachstum übertreffen wird. Es wird erwartet, dass der Zusammenschluss die Non-GAAP-Betriebsmarge von Synopsys um ca. 125 Basispunkte und die unverschuldete freie Cashflow-Marge um ca. 75 Basispunkte im ersten vollen Jahr nach dem Zusammenschluss steigern wird. Es wird erwartet, dass sich der Zusammenschluss im zweiten vollen Jahr nach dem Abschluss positiv auf das Non-GAAP EPS auswirken wird und danach in erheblichem Maße.
- Starke Bilanz, die einen schnellen Schuldenabbau unterstützt: Es wird erwartet, dass das fusionierte Unternehmen einen beträchtlichen und nachhaltigen freien Cashflow generieren wird. Dieser wird innerhalb von zwei Jahren nach dem Zusammenschluss einen raschen Abbau der Verschuldung auf weniger als das Zweifache des bereinigten EBITDA ermöglichen, mit einem langfristigen Ziel eines Verschuldungsgrads von weniger als 1. Synopsys geht davon aus, dass das Unternehmen angesichts der starken Cashflow-Generierung und der Verpflichtung zum raschen Abbau der Verschuldung sein Investment-Grade-Rating beibehalten kann.
- Erzielung von Kosten- und Ertragssynergien: Das fusionierte Unternehmen rechnet mit Kostensynergien in Höhe von ca. 400 Mio. US-Dollar bis zum dritten Jahr nach dem Abschluss der Transaktion und mit Umsatzsynergien in Höhe von ca. 400 Mio. US-Dollar bis zum vierten Jahr nach dem Abschluss der Transaktion, die längerfristig auf mehr als 1 Mrd. US-Dollar jährlich ansteigen werden.
Der implizite Preis pro Aktie von 390,19 US-Dollar, basierend auf dem Schlusskurs der Synopsys-Stammaktie von 559,96 US-Dollar am 21. Dezember 2023, entspricht einem Aufschlag von ca. 29 Prozent auf den Schlusskurs der Ansys-Aktie am 21. Dezember 20235 und einem Aufschlag von ca. 35 Prozent auf den volumengewichteten 60-Tage-Durchschnittskurs von Ansys für den am selben Tag endenden Zeitraum. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Ansys-Aktionäre auf Pro-forma-Basis einen Anteil von etwa 16,5 Prozent an dem kombinierten Unternehmen halten werden.
Synopsys beabsichtigt, den Kaufpreis in Höhe von 19 Milliarden Dollar durch eine Kombination aus Barmitteln und Fremdfinanzierung zu finanzieren. Synopsys hat eine vollständig zugesagte Fremdfinanzierung in Höhe von 16 Milliarden Dollar erhalten.
Die Transaktion wird voraussichtlich in der ersten Hälfte des Jahres 2025 abgeschlossen, vorbehaltlich der Zustimmung der Ansys-Aktionäre, des Erhalts der erforderlichen behördlichen Genehmigungen und anderer üblicher Abschlussbedingungen.
Ende der Pressemitteilung ————
Synopsys und Ansys – wir werden sehen, wie sich dieser Zusammenschluss auswirkt. Ich bin gespannt, wie Synopsys mit denen Bereichen seines Portfolios umgeht, die nicht zum Kerngeschäft passen. Für mich erschließt sich noch nicht, wie die Maschinenbau-lastigen Ansys-Angebote zum Software-Portfolio von Synopsys passen – allen hübschen Silizium-zu-System-Konzepten zum Trotz.