Am 7. Mai 2024 veranstaltete Inneo im Stuttgarter Kongresszentrum ICS eine Doppelveranstaltung: Neben der Fachkonferenz Digitalisierung 2024, bei der es vor allem um die technische Software rund um PTC- und Ansys-Produkte ging, fand erstmals parallel die Keyshot World statt. Hier trafen sich die Anwender und Interessenten der Visualisierungssoftware Keyshot zu ihrem jährlichen Update zu Technologie und Methoden. Die Fachkonferenz bot Keynotes und Kundenvorträge, Fachvorträge und vor allem viel Gelegenheit zum Gespräch – mit Inneo-Vertretern und anderen Anwendern.
Inneo-Geschäftsführer Helmut Haas begrüßte 750 Besucher auf der Fachkonferenz Digitalisierung – ein „Alltime High“, wie er sagte. Digitalisierung sei eine Reise, kein Ziel, und dementsprechend sehe sich Inneo als Reisebegleiter oder Sherpa, der seine Kunden auf dem Weg in die digitale Zukunft begleitet. Wichtig sei dabei, wie einer Reise, das Richtige im Gepäck zu haben, also die richtigen Grundlagen zu legen, um die Reise problemlos bewältigen zu können.
Die Herausforderungen unserer Zeit – Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Demografie – will Haas gemeinsam mit den Kunden angehen. Dabei ist das Unternehmen seit Langem weit über den Bereich CAD/PLM hinausgewachsen, wie die nächste Keynote unterstrich: Martin Gross, Manager Channel Sales, Germany bei NetApp, präsentierte die Angebote seines Unternehmens rund um intelligente Dateninfrastruktur. „IT ohne Daten ist nichts“ sagte er und „80 Prozent der Daten werden nur einmal genutzt.“ Hier sieht Gross große Chancen, um mit Hilfe künstlicher Intelligenz aus diesen Daten weitere Erkenntnisse zu gewinnen.
Albrecht Gill, Director EMEA Channel Strategy and Programs bei Ansys EMEA, betonte die gute Zusammenarbeit mit dem Ellwangener Systemhaus: „Mit Inneo bringen wir die PS auf die Straße.“ Ansys sieht sich als wichtiger Spieler im Bereich der Nachhaltigkeit, beispielweise wenn es darum geht, Produkte auf weniger energieintensive Materialien umzustellen. Hier biete Simulation die Gewähr, dass die Qualität nicht unter dem Wechsel des Materials leidet.
Einen seiner ersten Auftritte als CEO von PTC in Deutschland hatte Neil Barua auf der Fachkonferenz Digitalisierung. Er unterstrich, wie wichtig Software geworden ist: Das gesamte Apollo 11-Programm basierte auf 145.000 Zeilen Quellcode, ein aktuelles Auto benötigt 150 Millionen Codezeilen. Softwareentwicklung ist schneller als die von Hardware, Software bietet die Möglichkeit, seine Produkte einzigartig zu machen, Software bedeutet aber auch, dass sich ein Unternehmen neuen Konkurrenten gegenübersieht.
Barua sieht Software als entscheidenden Faktor für den Unternehmenserfolg, und das in vielen Branchen. So planten erfolgreiche Pharmaunternehmen früher mit drei Blockbuster-Medikamenten pro Jahr, in der Zukunft werden die gleichen Unternehmen 45 personalisierte Medikamente pro Jahr an den Start bringen. Das bedeutet eine Vervielfachung des Aufwands für die Zertifizierung und Dokumentation. Er sieht KMUs besser gerüstet für die Digitalisierung als Konzerne, da KMUs kürzere Wege haben und deshalb schneller umsetzen können.
Prof. Dr. Peter Gentsch, Pionier und Top-Experte für Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und Big Data, sprach über den „Game-Changer KI – wie künstliche Intelligenz den Mittelstand revolutioniert.“ Das Halluzinieren, wenn KI völlig wirre Informationen liefert, sieht er – zumindest bei Bild-KI – als Möglichkeit, Anregungen zu bekommen. Er sieht eine Zukunft der KI in kollaborierenden KI-Agenten, die wie reale Mitarbeiter eines Unternehmens zusammenarbeiten. Es ist zudem möglich, KI unterschiedliche Charakteristiken mitzugeben, beispielsweise Optimismus oder Pessimismus. So lassen sich Entscheidungsprozesse simulieren, indem unterschiedliche Charaktere zusammenarbeiten.
KI-Pionier Sam Altman prophezeite innerhalb dreier Jahre das erste Unicorn – also Unternehmen mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde US-Dollar – mit einem einzigen Mitarbeiter, dessen gesamtes Geschäft von KI-Mitarbeitern abgewickelt wird. Gentsch sieht die Möglichkeit, mithilfe von KI das Lernen zu revolutionieren, weil jeder Lernende einen eigenen (KI-) Coach bekommen kann. Interessanterweise werden die Ergebnisse von KI besser, wenn man ihnen mit Strafe droht oder Belohnung verspricht – für mich ganz klar das erste Anzeichen wirklicher Intelligenz ?.
Andreas Geckeler und Timo Braun, CAx-Technologie und -Administration, bei Schunk SE & Co. KG, berichteten im weiteren Verlauf der Fachkonferenz Digitalisierung, wie das Unternehmen mit Hilfe der von Inneo entwickelten Software Genius Tools Forms in Creo Konfiguratoren erstellen, mit deren Hilfe Kunden quasi selbständig individuelle Produkte konfigurieren und bestellen können – inklusive aller benötigten Zeichnungen, Stücklisten und NC-Informationen. So gelingt es Schunk, sehr viele Aufträge praktisch papierlos und maximal automatisiert durchzuführen. Der Lohn sind 20 bis 80 Prozent Zeitersparnis im Durchlauf von Bestellung bis Lieferung, was die Akzeptanz der Konfiguratoren im Unternehmen stark verbesserte.
Basis dieses Erfolgs sind schlanke, durchgängige CAx-Prozesse und standardisiert aufgebaute CAD/CAM-Modelle. Mithilfe der Online-Konfiguration gelang es, neue Vertriebswege zu erschließen. Die Durchlaufzeit sank von 420 auf 45 Minuten pro Auftrag, die Kosten sanken um 89 Prozent. Im zweiten Teil des Vortrags am Nachmittag berichtete CAx-Admin Juri Buling, wie die Prozesskette in der NC-Programmierung automatisiert wurde. Da Schunk viele kleine Lösgrößen fertigt, geht die Philosophie „Schnell ein Programm“ vor „Schnelles Programm.“ Einfachere Programme lassen einen Maschinenwechsel einfacher zu.
Ein wichtiges Hindernis bei der Automatisierung war die fehlende Maschinensimulation, es fehlte schlicht am digitalen Zwilling der Maschine inklusive der Werkzeuge und Halter. So kam es immer wieder zu Kollisionen im Bearbeitungsraum oder zum Überfahren der Endschalter. Dank einer mithilfe von Inneo aufgebauten, durchgängig digitalen Prozesskette auf Basis von Creo, Windchill, Genius Tools Forms, dem Tool Data Management-System von Zoller und Vericut zum Bearbeitungssimulation ist es heute möglich, die gesamte Bearbeitung virtuell zu testen und alle NC-Programme zu verifizieren. Kollisionen kommen praktisch nicht mehr vor, auch hier lassen sich nun 50 bis 70 Prozent Zeitersparnis realisieren.
Die Digitalisierungskonferenz bot noch einige Vorträge mehr, die ich im nächsten Blogartikel beschreiben werde. Insgesamt war es eine sehr informative Veranstaltung mit hochkarätigen Referenten, die tiefe Einblicke in ihre Arbeit gaben.