Siemens Digital Industries Software hat schon seit einiger Zeit seine Softwareangebote auf „Rolling Releases“ umgestellt, das bedeutet, dass es keine „großen“ Versionssprünge mehr gibt, sondern neue Funktionen und Bugfixes in kurzen Abständen an die Nutzer ausgerollt werden. Nun hat Siemens eine Reihe von Neuerungen für seine NX-Software aus dem Siemens Xcelerator-Portfolio angekündigt.
Mit NX X bewegt sich das digitale Entwicklungspaket in die Cloud. NX X wird mit einem integrierten Datenmanagement auf Basis des -PLM-Portfolios von Teamcenter X erweitert. Die Informationen werden in der sicheren Cloud-Software-as-a-Service-Infrastruktur von Siemens gespeichert, was den Kunden mehr Flexibilität, Skalierbarkeit und Zusammenarbeit bieten soll. Die CAd-Umgebung kann dabei entweder eines lokal installiert sein oder über Amazon Web Services (AWS) im Browser laufen. So erhält der Anwender mehr Flexibilität und größere Möglichkeiten der nativen Zusammenarbeit und hat dabei einen geringeren Zeitaufwand für die IT-Administration.
NX X bietet außerdem eine flexible und skalierbare Lizenzierung sowie anpassungsfähige und kostengünstige Möglichkeiten für Kunden, um auf NX-Zusatzmodule und erweiterte NX-Funktionen zuzugreifen. Mit über 110 verfügbaren Produkten und Funktionserweiterungen können Unternehmen die Entwicklungsumgebung ihren Arbeitsabläufen anpassen. NX X arbeitet auch mit der neu angekündigten Siemens Zel X-Software zusammen. Zel X basiert auf der gleichen Architektur wie NX und ist die nächste Generation der browserbasierten Engineering-App von Siemens. Diese lässt sich mit anderen Siemens Xcelerator-Lösungen von NX integrieren, um die Fertigung und die Abläufe in der Werkstatt zu optimieren.
NX Immersive Explorer ermöglicht eine Präsentation des NX-Modells über eione VR-Brille. So lassen sich Konstruktionsprüfungen, virtuelle Inbetriebnahmen und die Freigabe durch Stakeholder in der virtuellen Realität durchführen. Die Software, die im Dezember 2024 auf den Markt kommt, unterstützt alle wichtigen HMD-Hardware-Optionen. Sie ermöglicht den Anwendern, in einem früheren Stadium des Konstruktionsprozesses wertvolle Erkenntnisse in immersivem und interaktivem Fotorealismus zu gewinnen und die Kosten für physische Prototypen zu senken. Mit der Möglichkeit, sich auf bestimmte Teile der Baugruppe zu konzentrieren, einzelne Komponenten zu untersuchen und Markups und Notizen hinzuzufügen, um die Ergebnisse der Konstruktionsprüfung zu dokumentieren, kann der Konstruktionsprozess aus einer völlig neuen Perspektive erfolgen.
KI ist allgegenwärtig, auch in NX
Mit NX-Konstruktionswerkzeugen, die künstliche Intelligenz unterstützen, lassen sich Prozesse verbessern und beschleunigen. Neue KI-basierte Tools wie Topologieoptimierung, Performance Predictor und Gyroid-Modellierung ergänzen bestehende Tools wie die Befehls- und Auswahlvorhersage und steigern die Effizienz. Performance Predictor ist ein KI-gestütztes Simulationstool, das die Validierung von Materialauswahlen und der mechanischen Leistung einzelner Teile unterstützt. Es ermöglicht Konstrukteuren, Tests zu validieren und Konstruktionsiterationen in Echtzeit zu wiederholen, was den Innovationsprozess beschleunigt und dazu beiträgt, kostspielige Fehler zu vermeiden.
In Kombination mit der KI-gestützten Topologieoptimierung und neuen Funktionen für die Modellierung von Gyroid-Ggittern und Füllungen sowie der im Jahr 2023 eingeführten Funktion Design Space Explorer ermöglicht dies den Konstrukteuren die Erstellung optimierter Teile. Zudem sind die Durchführung von Studien zur Gewichtsreduzierung und gegebenenfalls die Nutzung der additiven Fertigung möglich.
Siemens NX CAM mit mehr Eingriffsmöglichkeiten
Mit diesem Update erhalten die Benutzer von NX CAM und NX Additive Manufacturing (AM) ein höheres Maß an Benutzerkontrolle und Workflow-Produktivität. Das verbesserte 3D Adaptive Roughing, eine Strategie für die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, hilft Programmierern bei der automatischen Festlegung von Startpositionen. Diese ergeben effizientere Bearbeitungen und längere Werkzeugstandzeiten. Auch die Bohrungsbearbeitung wurde verbessert, um eine genauere Steuerung der Werkzeugbewegungen zu ermöglichen. Dies gewährleistet eine sichere Bearbeitung und eine höhere Oberflächenqualität.
Schließlich wurde der Cloud Connect Tool Manager aktualisiert, um die CNC-Programmierung zu rationalisieren. Diese Funktion zur Verwaltung von Werkzeugdaten mit direktem Zugriff auf Kataloge von Werkzeugherstellern ermöglicht jetzt die Zuordnung von Bearbeitungseinstellungen zu Schneidwerkzeugen, was die Programmierung beschleunigt.
Die Arbeitsabläufe zur Vorbereitung von Fertigungsaufträgen für die additive Fertigung von Metall- und Polymerteilen wurden durch neue Funktionen und Verbesserungen optimiert. Neue Facettenauswahlmethoden vereinfachen die Erstellung von Stützstrukturen für Teile, die mit Facettengeometrie modelliert wurden.
Ebenfalls erneuert wurden die Funktionen für das Subnesting, die Erstellung von Sinterboxen, die Berechnung der Schichtflächenverteilung und die 3D-Packungsoptimierung. Darüber hinaus erleichtern neue Siemens-Build-Prozessoren die Erzeugung und Ausgabe von Druckauftragsdateien aus NX an Metall-3D-Drucker von SLM Solutions und Trumpf. Und nicht zuletzt bieten neue Mehrachsen-Regeln für den additiven Bau in NX CAM die Erstellung und Wiederverwendung von benutzerdefinierten Prozessparametern, die oft als „Geheimrezept“ für die Erzielung einer gleichbleibend hohen Qualität der Bauaufträge gelten.
Erweiterungen für die Elektro- und Halbleiterindustrie
Die neue Managed Environment for Electronics Design ist ein durchgängiger Digital Thread, der Daten aus vier Softwareprodukten der Siemens Xcelerator-Plattform verbindet: NX, Capital für die Entwicklung elektrischer und elektronischer Systeme (E/E), Xpedition für die Leiterplattenentwicklung und Teamcenter für PLM. So ergibt sich eine verbesserte Integration zwischen den Systemen, die einen nahtlosen Datenfluss und eine enge Zusammenarbeit zwischen Elektronik- und Mechanik-Konstruktionsteams ermöglicht. Diese einheitliche Datenverwaltungsplattform für die Bereiche Elektrik/Elektronik und Mechanik vereinfacht die ECAD– und MCAD-Prozesse.
Funktionen für Building Information Modeling (BIM) in NX
NX for BIM bietet ein umfassendes Set von Building Information Modeling (BIM)-Tools und damit eine einzige, multidisziplinäre Plattform für Arbeitsabläufe in den Bereichen Architektur, Ingenieurwesen und Bauwesen (AEC). Dies ist besonders vorteilhaft in einem Bereich, der normalerweise auf mehrere separate Softwareprodukte angewiesen ist, um verschiedene Aspekte des Architektur- und Bauplanungsprozesses abzudecken. Die neue NX for BIM-Funktionalität umfasst einen IFC-Datenübersetzer und ein Treppenwerkzeug. Die Importfunktion für 3D-BIM-Bibliotheken verbessert die Interoperabilität und Effizienz des Workflows. Das neue Zusatzmodul NX for Concrete Design ist für die modulare Bauweise von entscheidender Bedeutung, da es den digitalen Zwilling von Betonstrukturen noch realistischer macht.
NX war schon immer ein Funktionsmoloch, der kaum Wünsche übrig ließ. Mit der neuen Version zeigt Siemens, dass es trotzdem noch Verbesserungspotential zu heben gibt. Bis vor kurzem habe ich gesagt, dass CAD ausentwickelt ist, aber ich bin gespannt, ob die Kombination von Cloud, KI und VR nicht doch irgendwann einen großen Entwicklungssprung bringt, den wir heute so noch nicht erwarten.